China hält Börsen in Atem: Dax rauscht unter 10 000 Punkte
Frankfurt/Main (dpa) - Das schwächelnde Wirtschaftswachstum in China hat die Anleger rund um den Globus in Alarmbereitschaft versetzt.
Der Dax sackte nach heftigen Kursturbulenzen in Asien am Montag erstmals seit Januar wieder unter der Marke von 10 000 Punkten. Die Jahresgewinne sind damit ausradiert. Auch an der Wall Street in New York kam es anfangs zum befürchteten Kurseinbruch - später erholte sich der Dow Jones Industrial aber deutlich.
Der Dax verlor 4,70 Prozent auf 9648,43 Punkte - das höchste Tagesminus seit dem 1. November 2011 mit damals 5,0 Prozent. Nach schlechten Daten aus den USA war der deutsche Leitindex sogar vorübergehend um mehr als 7 Prozent unter die Marke von 9400 Zählern gestürzt. Auch an anderen Börsen in Europa ging es zu Beginn der neuen Handelswoche abwärts.
In New York rauschte der Dow Jones Industrial wenige Minuten nach Börsenstart vorübergehend um mehr als 6 Prozent in die Tiefe und erreichte damit den niedrigsten Stand seit anderthalb Jahren. Danach erholte sich der Index wieder. Zum europäischen Handelsschluss standen nur noch 1,3 Prozent Minus zu Buche. Am härtesten traf es die Aktienmärkte in Asien.
Die Shanghaier Börse erlebte den schlimmsten Einbruch seit acht Jahren, wichtige Aktienindizes lagen mit rund 8 Prozent im Minus. Der japanische Nikkei-Index gab um 4,6 Prozent nach und fiel erstmals seit fünf Monaten unter die Marke von 19 000 Punkten. Chinas Regierung denkt jetzt dem „Wall Street Journal“ (Montag) zufolge über verschiedene Maßnahmen nach, die die Konjunktur und den Finanzmarkt stützen sollen.
Jahrelang profitierten große Wirtschaftsmächte vom rasanten Wachstum im Reich der Mitte - nun geht die Sorge um, die Zeit des chinesischen Konjunktur-Turbos könnte vorerst vorbei sein.
Zwar war die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt von Januar bis Juni im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 noch um sieben Prozent gewachsen. Aber das Wachstum war so schwach wie seit 25 Jahren nicht mehr. Auch in anderen Schwellenländern wie Brasilien erlahmt die Wirtschaftskraft. Für Anleger zählen zudem vor allem die Zukunftsaussichten - und die Schätzungen von Experten versprechen so schnell keine Besserung.
Unter den Sorgen leiden derzeit vor allem auch die Papiere deutscher Autobauer, für die China einer der wichtigsten Absatzmärkte ist. Daimler und BMW lagen am Montag jeweils mehr als drei Prozent im Minus. Schon in den vergangenen Tagen hatten schlechte Nachrichten vom chinesischen Automarkt die Kurse sinken lassen. In den drei Indizes der Dax-Familie - Dax, MDax und TecDax - mit insgesamt 110 Aktien gab es nur zwei Werte mit Kursgewinnen.
Der Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) betonte, es gebe trotz der Turbulenzen an den Börsen keinen Anlass zum „Alarmismus“. Größter Absatzmarkt für die deutschen Unternehmen seien noch immer die Industrieländer, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betonte in einer Mitteilung: „Der Aktiencrash an den chinesischen Börsen hat lediglich die kurzfristigen Höhenflüge der vergangenen Monate beendet.“
Der Euro legte weiter zu. Am Montag stieg die Gemeinschaftswährung zum ersten Mal seit Februar wieder über die Marke von 1,15 US-Dollar. Im Zuge eines außergewöhnlichen Höhenflugs erreichte die europäische Gemeinschaftswährung am Nachmittag mit 1,1714 US-Dollar kurzzeitig den höchsten Stand seit Januar. Spekulation, die US-Notenbank könnte die für diesen Herbst erwartete erste Zinserhöhung seit 2006 verschieben, belasten den Dollar und sorgen im Gegenzug für Auftrieb beim Euro. Zuvor hatte die Aussicht auf eine US-Zinserhöhung den Dollar lange Zeit beflügelt. Ein starker Euro belastet deutsche Unternehmen, die ihre Waren außerhalb der Eurozone exportieren. Zudem macht er deutsche Aktien für US-Investoren weniger interessant.
Am Aktienmarkt sorgte Unsicherheit darüber, ob oder wann die US-Zentralbank eine erwartete Zinsanhebung vornimmt, zusätzlich für Nervosität, wie Analysten meinten.
Die mauen Konjunkturaussichten schickten auch den Ölpreis auf Talfahrt. Die beiden weltweit wichtigsten Ölpreise fielen auf den tiefsten Stand seit sechseinhalb Jahren. Am Nachmittag rutschte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent mit Lieferung im Oktober auf 42,51 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit März 2009. Wenn die Industrie schwächelt, wird auch weniger Öl für die Produktion gebraucht. Die Sorgen darüber senken die Nachfrage und sorgen damit neben dem derzeit hohen Angebot zusätzlich für sinkende Preise.