China zögert mit Hilfe für Europa
Peking/Guangzhou (dpa) - China zögert mit konkreten Hilfszusagen zur Bewältigung der Schuldenkrise in Europa. Die chinesische Führung versicherte Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Peking zwar, China wolle Unterstützung leisten und mit den Europäern enger kooperieren, doch blieben viel Fragen offen.
Vor dem Abschluss der dreitägigen Reise der Kanzlerin am Samstag rätselten deutsche Delegationskreise darüber, wie Chinas Beitrag aussehen könnte. Hoffnungen auf schnelle Hilfe dämpfte China umgehend selbst.
„Wegen der Komplexität muss China eingehende Untersuchungen anstellen, bevor es konkrete Schritte verkündet“, kommentierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua die Gespräche der Kanzlerin. Die weltgrößten Devisenreserven müssten behutsam angelegt werden, sonst könnte es Unruhe in der Bevölkerung geben. Ohnehin gehe es nicht allein um Finanzierung. „Um aus der Krise zu marschieren, sind Sparmaßnahmen entscheidend, während Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums auch nötig sind“, kommentierte die Staatsagentur.
Zuvor hatten deutsche Regierungskreise den chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao noch aus dem Gespräch mit der Kanzlerin zitiert, es werde an chinesischer Unterstützung „nicht fehlen“. Auch Regierungschef Wen Jiabao sagte bei Wirtschaftsgesprächen in der südchinesischen Metropole Guangzhou: „China ist bereit, mit Europa zu kooperieren, um gegen die gegenwärtige Krise anzugehen.“ Deutschen Regierungskreisen bleibt aber nichts anderes, als auf Klärung zu hoffen: „Wir werden jetzt sehen, wie das in die Tat umgesetzt wird.“
Bisher habe sich Chinas Führung nur über den Internationalen Währungsfonds (IWF) an Hilfen für Europa engagieren wollen, in den Gesprächen mit Merkel aber erstmals auch den Euro-Rettungsschirm genannt, hoben Regierungskreise hervor. Nach den Gesprächen mit der Kanzlerin sagte Wen Jiabao, China sehe sich den Rettungsschirm EFSF und seinen im Sommer geplanten Nachfolger ESM an. Staatsmedien zitierten ihn dann sogar mit den Worten, China denke darüber nach, sich an den Bemühungen zur Lösung der Schuldenkrise über den Euro-Rettungsschirm „stärker zu beteiligen“.
Deutsche Regierungskreise wollten die Aussagen nicht bewerten, verwiesen aber darauf, dass der EU-China-Gipfel am 14. Februar in Peking Klarheit bringen könnte. Wen Jiabao wies Ängste in Europa vor einer engeren Kooperation bei der Überwindung der Krise zurück. „Einige Leute sagen, das bedeutet, dass China Europa aufkaufen will“, sagte Wen Jiabao bei den Wirtschaftsgesprächen. „Das ist eine Sorge, die mit der Realität nichts zu tun hat“, sagte er. „China hat weder die Absicht noch die Fähigkeiten dazu.“
Bei den Wirtschaftsgesprächen mit Spitzenvertretern deutscher und chinesischer Unternehmen warb Merkel ausdrücklich um chinesische Investitionen. „Deutschland ist ein offenes Land“, sagte die Kanzlerin. „Chinesische Unternehmen sind in Deutschland willkommen.“ Die Kanzlerin forderte China umgekehrt zu einer weiteren Öffnung seines Marktes auf. Deutsche Unternehmen wollten in China die gleichen Bedingungen wie chinesische Unternehmen haben.
Wen Jiabao sprach sich für eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland in der Krise aus. Er mahnte die Europäer, selbst größere Anstrengungen zu unternehmen und nötige Reformen in der Haushalts- und Finanzpolitik zu verfolgen. China verfügt mit 3,18 Billionen US-Dollar über die weltgrößten Devisenreserven. Davon wird nach Schätzungen ein Viertel in Euro gehalten. Wen Jiabao begleitete die Kanzlerin auf der zweiten Station ihrer dreitägigen Reise in Guangzhou, was Diplomaten als „besondere Geste“ werteten.