Christoph Franz verlässt das Cockpit
Der bisherige Chef wechselt auf einen lukrativeren Posten in die Schweiz.
Frankfurt. Der überraschende Abgang von Lufthansa-Vorstandschef Christoph Franz trifft Europas größte Fluggesellschaft mitten im tiefgreifendsten Umbau ihrer Geschichte. Franz hat das umfassende Sparprogramm „Score“ mit erheblichen Auswirkungen auf Kunden und Beschäftigte zwar angeschoben, doch nun verlässt er das Konzern-Cockpit vor der Landung.
Beim branchenfremden Schweizer Chemie-Riesen Roche locken ein vielfaches Gehalt, größere Gestaltungsmöglichkeiten und mehr Lebensqualität. Denn nach dem Ende der von ihm geleiteten Sanierung der Fluggesellschaft Swiss hat Franz den Familienwohnsitz in Zürich beibehalten. Das Lufthansa-Steuer überlässt er möglicherweise seinem Vorstandskollegen Carsten Spohr, aber auch andere Lufthansa-Manager sind für die Nachfolge im Gespräch.
„Dieser Schritt kommt definitiv zur falschen Zeit“, urteilt Luftfahrt-Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank. Jochen Rothenbacher von der Investmentbank Equinet bezeichnet Franz als „Vordenker des Konzernumbaus“ und sieht den Erfolg des eingeleiteten Sanierungsprogramms „Score“ in Gefahr.
Franz selbst beurteilt dies völlig anders: Auch wenn das Programm erst 2015 vollständig greife, seien die Grundlagen für den künftigen Erfolg schon 2014 gelegt. „Dies ist ein passender Zeitpunkt für einen Führungswechsel.“ Als möglicher Nachfolger für Franz gilt der bisherige Passage-Chef Carsten Spohr — aber auch der Cargo-Vorstandsvorsitzende Karl Ulrich Garnadt und der Chef der Schweizer Konzerntochter Swiss, Harry Hohmeister.
Verdi und die weiteren Lufthansa-Gewerkschaften Ufo und Vereinigung Cockpit dürften Franz nur wenige Tränen nachweinen. Für die Beschäftigten war es mit seinem Amtsantritt 2011 ungemütlicher geworden. Von den konzernweit 117 000 Arbeitsplätzen stehen 3500 auf der Score-Streichliste, der Konzernsitz in Köln wird geschlossen, die Tochter Austrian ist bereits komplett umgekrempelt.
Und abseits der Drehkreuze Frankfurt und München übernahm der Billigflieger Germanwings das Europageschäft der Kranichlinie — zu schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Unter den Beschäftigten trug „Score“ bald den Namen „Scare“ - zu Deutsch: der Schrecken.
Franz hinterlässt viele offene Fragen: Die mächtigen Piloten sind seit mehr als einem Jahr ohne neuen Tarifvertrag, und mit den einseitig gekündigten Betriebsrenten steht neben einigen anderen Problemen ein neuer Großkonflikt auf der Agenda.