CO2-Streit mit Brüssel: Autobranche bittet Merkel um Hilfe
Berlin (dpa) - Die deutsche Autobranche kämpft vehement gegen schärfere Klimaschutzrichtlinien der EU. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, bat in einem Brief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Hilfe.
Wissmann warnte in dem Schreiben vom 8. Mai, das der dpa vorlag, vor „überzogenen“ CO2-Regulierungen in Europa sowie indirekt vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Über den Brief hatte zuvor die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Dienstag) berichtet.
„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, liebe Angela“, schrieb Wissman, es dürfe nicht sein, dass „wir unser leistungsfähiges und starkes Premiumsegment, das fast 60 Prozent der Arbeitsplätze unserer Automobilhersteller in Deutschland ausmacht, über willkürlich gesetzte Grenzwerte buchstäblich kaputt regulieren lassen“. Der frühere Bundesverkehrsminister bat Merkel, sich in den kommenden Wochen für Verbesserungen einzusetzen, um die Regulierung „in eine ökologische und ökonomische Balance zu bringen.“ Die deutsche Automobilindustrie hat in Deutschland rund 750 000 Beschäftigte.
Hintergrund sind Pläne, die CO2-Grenzwerte weiter zu verschärfen. Bisher soll der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) in der EU bis zum Jahr 2020 auf im Durchschnitt 95 Gramm je Kilometer für die Neuwagenflotte der Hersteller sinken. Derzeit gilt ein Zielwert von 130 Gramm.
Für die Zeit nach 2020 müssen sich die Hersteller aber auf weitere CO2-Sparanstrengungen einstellen. Der Umweltausschuss des Europaparlaments hatte Ende April für Obergrenzen von 68 bis 78 Gramm CO2 pro Kilometer für das Jahr 2025 votiert - oder umgerechnet 3 Liter Benzinverbrauch. 2012 lag der Normverbrauch deutscher Autos nach Branchenangaben bei knapp 6 Litern.
Der Vorstoß aus Brüssel, der nun von Europaparlament und EU-Staaten beraten wird, träfe besonders die deutschen Oberklassehersteller wie BMW, Audi und Mercedes. Denn sie verkaufen im Durchschnitt größere und deshalb auch schwerere Autos als Konkurrenten, die vor allem Kleinwagen herstellen - wie Fiat, PSA Peugeot Citroën, Toyota oder Ford. Entsprechend müssten die deutschen Hersteller ihren CO2-Ausstoß mehr senken.
Wissmann kritisierte in dem Brief an Merkel, es wäre eine „verhängnisvolle Weichenstellung“, wenn bereits heute ein CO2-Zielkorridor für das Jahr 2025 festgelegt würde. Die absehbare konjunkturelle Perspektive in der EU sowie die Marktakzeptanz alternativer Antriebe seien derzeit sehr ungewiss.
Um das Ziel von 95 Gramm CO2 zu erreichen, setzen die Hersteller neben der Optimierung der herkömmlichen Antriebe vor allem auf Elektroauto und Autos mit Hybridantrieb, einer Kombination aus Verbrennungs- und E-Motor. Wird das Ziel verfehlt, drohen Strafen und das Image könnte leiden.
Umstritten sind vor allem Produktionsanreize für besonders CO2-arme Fahrzeuge wie Elektroautos. VDA-Chef Wissmann hatte bereits mehrfach gefordert, alternative Antriebe müssten stärker angerechnet werden.
Bisher sind Elektroautos auf den Straßen noch Mangelware. Sie sind im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen teurer, dies liegt vor allem an der teuren Batterie. Außerdem gibt es noch keine ausreichende Infrastruktur etwa für das Laden der Autos.