Commerzbank darf Sorgentochter Eurohypo abwickeln
Brüssel/Frankfurt (dpa) - Die defizitäre Commerzbank-Tochter Eurohypo verschwindet vom Markt. Weil sich partout kein Käufer für den Immobilienfinanzierer fand, erlaubt die EU-Kommission Deutschlands zweitgrößter Bank nun die Abwicklung der Sorgentochter mit Sitz in Eschborn bei Frankfurt.
1200 Arbeitsplätze stehen nach der am Freitag veröffentlichten Vereinbarung auf der Kippe. Nach Informationen aus Finanzkreisen droht in einem ersten Schritt die Streichung von etwa 300 Stellen bei der Eurohypo.
„Die neue Vereinbarung stellt sicher, dass die Eurohypo vom Markt verschwindet“, erklärten die Wettbewerbshüter in Brüssel. Ursprünglich hatte die Kommission im Gegenzug für Rettungsmilliarden während der Finanzkrise 2008/2009 von der teilverstaatlichten Commerzbank den Eurohypo-Verkauf bis Ende 2014 verlangt. Der neue Sanierungsplan gewährleistet nach Einschätzung Brüssels, „dass die Wettbewerbsverzerrungen auf ein Minimum beschränkt sind“.
Das Staatsfinanzierungsgeschäft der Eurohypo muss komplett abgebaut werden, der Großteil der gewerblichen Immobilienfinanzierung ebenfalls. Für diese Geschäfte gründet die Commerzbank konzernintern eine „Bad Bank“. In der Einheit mit dem Namen „Non Core Assets“ (NCA/deutsch: „Nicht-Kernaktivitäten“) werden Anlagen, deren Wert stark gesunken ist, geparkt und dann nach und nach abgewickelt.
Die Commerzbank darf nur noch einen kleinen Teil des Immobiliengeschäfts fortführen: Das Geschäft mit Gewerbeimmobilien in Deutschland, Polen, Frankreich und Großbritannien. Dort darf die Bank pro Jahr nur noch neue Kredite im Wert von maximal 5 Milliarden Euro vergeben. Bis Ende 2015 darf das Volumen dieses Bereichs insgesamt 25 Milliarden Euro nicht überschreiten. Die Marke „Eurohypo“ muss der Konzern aufgeben.
Zudem verbietet die EU-Kommission der Commerzbank als Ausgleich für ihr Entgegenkommen nun bis Ende März 2014 Zukäufe - selbst solche, die nicht zur Finanzbranche zählen. Somit könne der Dax-Konzern „für einen erheblich längeren Zeitraum keine attraktiven Gesellschaften aufkaufen, so dass andere Unternehmen, die keine Beihilfen erhalten haben, zum Zuge kommen können“, erklärte Brüssel. Darüber hinaus muss die Commerzbank ihre Bilanzsumme bis Ende 2012 auf 600 Milliarden Euro abschmelzen - ein Wert, der ursprünglich für die Zeit nach einem Eurohypo-Verkauf vorgeschrieben war.
„Die angepassten Auflagen der EU-Kommission sind anspruchsvoll, aber akzeptabel“, befand Commerzbank-Chef Martin Blessing in einer Mitteilung. „Wir werden den eingeschlagenen Weg der Reduktion der Eurohypo-Portfolios konsequent fortsetzen.“
Die Eurohypo reißt seit Jahren Löcher in die Commerzbank-Bilanz. Allein von 2008 bis 2010 häufte der Staats- und Immobilienfinanzierer knapp drei Milliarden Euro Verlust an. Im vergangenen Jahr musste die Commerzbank erneut eine Milliardenabschreibung auf den Buchwert der Sorgentochter hinnehmen. Der Löwenanteil kriselnder Staatsanleihen steckt in den Büchern der Eurohypo, der größte Teil der von der Bankenaufsicht EBA monierten Commerzbank-Kapitallücke von 5,3 Milliarden Euro klafft bei dem Eschborner Institut.
Nun steht die Eurohypo fast genau zehn Jahre nach ihrer Gründung vor dem Aus: 2002 hatten Deutsche Bank, Commerzbank und Dresdner Bank in dem Institut ihre Hypothekenbanken vereint. Als der damalige Hauptkonkurrent Hypo Real Estate (HRE) das Institut 2005 übernehmen wollte, machte die Commerzbank von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und steckte gut 4,5 Milliarden Euro in den Erwerb der Eurohypo.