Dämpfer für deutsche Exportwirtschaft

Wiesbaden (dpa) - Nach einem starken Vormonat muss die deutsche Exportwirtschaft im Mai einen Dämpfer hinnehmen. Gegenüber April sanken die Ausfuhren um 1,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

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Nach dem kräftigen Plus von 2,6 Prozent im Vormonat hatten Bankvolkswirte zwar mit einem Rückschlag gerechnet. Insgesamt hatten sie aber nur ein kleineres Minus von 0,4 Prozent vorhergesagt.

Noch wesentlich deutlicher gingen die deutschen Einfuhren zurück. Sie fielen von April auf Mai um 3,4 Prozent und damit so rasant wie zuletzt im November 2012. „Der Einfuhrrückgang könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich die Konjunkturflaute im zweiten Quartal auch auf die Binnennachfrage ausgebreitet hat“, betonte Volkswirt Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg. Auch auf Jahressicht gingen die Einfuhren im Mai um 0,4 Prozent auf 74,3 Milliarden Euro zurück.

Hingegen bleibt die deutsche Exportwirtschaft im Vorjahresvergleich im Plus: Getragen von der kräftigen Nachfrage aus den EU-Partnerländern lagen die Ausfuhren im Mai mit 92 Milliarden Euro um 4,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Insgesamt schafften die Exporteure in den ersten fünf Monaten 2014 ein Plus von 2,6 Prozent.

Die Außenhandelsbilanz - der Saldo aus Exporten und Importen - schloss im Mai mit einem Überschuss von 17,8 Milliarden Euro ab. Ein Jahr zuvor hatte der Wert bei 13,6 Milliarden Euro gelegen. „In der Summe lassen die Export- und Importdaten für April und Mai darauf schließen, dass der Außenhandel im zweiten Quartal wieder einen positiven Beitrag zum BIP-Wachstum geleistet haben dürfte“, erklärte die Postbank.

Insgesamt setzt sich mit den Außenhandelszahlen aber der Reigen schwacher Konjunkturdaten aus Deutschland fort: Auch der Einzelhandel und die Industrie hatten im Mai enttäuscht. Viele Bankvolkswirte haben mittlerweile ihre Wachstumserwartungen für das zweite Quartal deutlich nach unten gesetzt. Dekabank-Ökonom Andreas Scheuerle spricht von einer „Riesenenttäuschung“ und schließt inzwischen sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung zum starken Vorquartal nicht mehr aus. Es wäre der erste seit eineinhalb Jahren.

Gebremst wird die deutsche Exportwirtschaft im Jahresvergleich von der schwachen Nachfrage aus Ländern außerhalb der EU. Die Exporte in sogenannte Drittländer - darunter wichtige Märkte wie China und die USA - stiegen im Mai im Vergleich zum Vorjahr nur unterdurchschnittlich um 2,1 Prozent auf 38,9 Milliarden Euro, in den ersten fünf Monaten 2014 sanken sie sogar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,6 Prozent.

„Die VR China ist als Wachstumsmotor in den ersten Monaten des Jahres leider weitgehend ausgefallen, der Chinahandel stagniert“, sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner. Die Exporteure erhofften sich deshalb von der China-Reise der Bundeskanzlerin wesentliche Impulse durch den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen: „Im Chinahandel schlummert noch viel unausgeschöpftes Potenzial, das wir aktivieren können, indem wir bürokratische Regularien wie unnötige Zertifizierungsvorschriften beseitigen oder harmonisieren“, forderte Börner.

Dagegen nimmt die Nachfrage aus den Euroländern zu. Im Mai stiegen die Ausfuhren in die Staaten der Währungsunion zum Vorjahr um 4,2 Prozent auf 33,7 Milliarden Euro. Noch stärker wächst das Geschäft mit EU-Ländern wie Großbritannien oder Polen, die nicht der Eurozone angehören. Die Exporte dorthin übertrafen das Vorjahresniveau im Mai um 9,4 Prozent und stiegen auf 19,4 Milliarden Euro.

Damit verfestigt sich das Bild aus den ersten fünf Monaten 2014: Der Handel mit der Eurozone wächst durchschnittlich, das Geschäft mit EU-Ländern außerhalb der Währungsunion brummt, und die Lieferungen in Drittländer schwächeln. „Das könnte eine Bestätigung dafür sein, dass die Flaute in Schwellenländern und die vorrübergehende, wetterbedingte Konjunkturschwäche in den USA auf deutsche Exporte durchschlagen“, vermutet Schulz. Die jüngste Stabilisierung in China lasse aber auf bessere Geschäfte in den kommenden Monaten hoffen.

Ohnehin ist eine anhaltende Konjunkturflaute in Deutschland unwahrscheinlich. Experten erwarten im Gesamtjahr ein Plus der Wirtschaftsleistung um etwa zwei Prozent. Denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind gut, insbesondere für den privaten Konsum: Der deutsche Arbeitsmarkt brummt, die Tariflöhne steigen deutlich und die Inflation ist niedrig.