Daimler-Chef: E-Auto-Ziel erfordert Kaufanreiz
Berlin/Stuttgart (dpa) - Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche hält das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, nur mit einem direkten Kaufanreiz für erreichbar.
Er verstehe zwar die Vorbehalte von Politikern dagegen.
„Die Konsequenz wird sein, dass man, wenn es dabei bleibt, auf über 500 000, aber nicht auf eine Million kommt“, sagte Zetsche am Dienstag in Berlin bei einem Diskussionsforum des „Tagesspiegels“ zur Elektromobilität. Dies hätten verschiedene Studien prognostiziert, sofern es bei den heutigen Randbedingungen bleibe.
Als wesentliches Kaufhemmnis nannte der Chef des Autobauers die deutlich höheren Gesamtkosten. Derzeit müsse man für Anschaffung und Betrieb eines Elektrofahrzeugs rund 11 000 Euro mehr als für ein Auto mit Verbrennungsmotor aufbringen. „Auch 2017 dürfte dieser Unterschied noch in einer Größenordnung von 5000 Euro liegen“, sagte Zetsche.
Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch ein Maßnahmenpaket für die Elektromobilität beschließen. Der Staat will mit rund einer Milliarde Euro bis 2013 zusätzlich Forschung und Entwicklung fördern und zudem Steueranreize schaffen. Das hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach Vorlage eines Expertenberichts zur Elektromobilität angekündigt. Eine Kaufprämie sei aber „nicht die richtige Antwort“, sagte Merkel.
Die neue grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg will in die Grundlagenforschung an den Universitäten investieren, um alternative Fahrzeugantriebe zu fördern. „Das ist ein Spielfeld, auf dem wir die Entscheidung treffen müssen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei seiner ersten Regierungspressekonferenz. Er werde das Gespräch mit den Autobauern suchen, um mit ihnen über die strategische Ausrichtung zu diskutieren. Er habe sich schon mit Zetsche und Bosch-Chef Franz Fehrenbach getroffen.
Kretschmann wehrte sich gegen Vorwürfe, er wolle die Bürger bei der Wahl ihrer Fahrzeuge bevormunden. „Ich habe den Leuten nicht vorzuschreiben, ob sie einen Smart oder einen Porsche kaufen werden“, sagte er. Er werde aber für Rahmenbedingungen sorgen, eine moderne vernetzte Mobilität verschiedener Verkehrsträger voranzutreiben, bei der etwa auch die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Autos eine Rolle spiele.
Zetsche wies in Berlin Kritik an mangelndem Engagement der Unternehmen zurück. Für grüne Technologien nehme die deutsche Industrie „eine Menge Geld in die Hand, und ganz überwiegend nicht das des Steuerzahlers“ - in den nächsten vier Jahren 17 Milliarden Euro, davon allein die Autoindustrie 9 Milliarden Euro.
Zetsche sagte, Daimler wolle Autos mit Otto- und Dieselmotor noch sparsamer machen und zugleich Hybridfahrzeuge und reine Elektroautos mit Batterie und mit Brennstoffzelle weiterentwickeln. Die Brennstoffzelle habe im Vergleich zum reinen Elektroauto einen „doppelten Vorteil“: Sie ermögliche große Reichweiten und kurze Tankzeiten.
Beim heutigen Energiemix in Deutschland werde durch Elektroantrieb im Vergleich zu einem modernen Verbrennungsmotor 10 bis 20 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen. „Insofern ist es falsch zu sagen, dass das Elektrofahrzeug der falsche Weg ist“, sagte der Daimler-Chef zu grundsätzlicher Kritik von Umweltschützern. Effektiver wäre der E-Antrieb mit Strom aus regenerativen Quellen, fügte er hinzu.
Die Bahngewerkschaft EVG kritisierte die milliardenteure Förderung von Elektroautos. „Im Kern handelt es sich dabei um Subventionen für die Autoindustrie. Damit drohen neue Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Bahnen“, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner.