Daimler-Chef Zetsche peilt 2011 neue Rekorde an
Berlin (dpa) - Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht glänzende Zeiten für die Autoindustrie kommen. Auf dem Weg zu einem Rekordjahr 2011 will er sich nicht bremsen lassen.
„Lange waren die Perspektiven in unserer Branche nicht so gut wie heute“, sagte Zetsche auf der Hauptversammlung des Autobauers am Mittwoch in Berlin. „Automobile stehen wieder für Wachstum - und das nicht trotz, sondern wegen der langfristigen Umbrüche, die unsere Märkte prägen“, erklärte er. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff warnte vor „immensen Herausforderungen“ für den Premiumhersteller und die gesamte Branche.
Sorgen machen dem obersten Kontrolleur, der auf dem Aktionärstreffen wieder in den Aufsichtsrat gewählt wurde, und dem Daimler-Chef die Lage in Japan nach Erdbeben und Tsunami sowie die Konflikte in der arabischen Welt. Auf die Produktion von Daimler habe die Katastrophe in dem asiatischen Land zwar bisher keine nennenswerten Auswirkungen, sagte Zetsche. Spätere Beeinträchtigungen wegen möglicher Lücken in der Lieferkette ließen sich aber nicht völlig ausschließen.
Daimler hat in Japan rund 13 000 Mitarbeiter, die meisten davon arbeiten bei der Nutzfahrzeug-Tochter Mitsubishi Fuso. Ab 20. April sollen im Fuso-Hauptwerk in Kawasaki südlich von Tokio nach mehreren Wochen Pause wieder Lastwagen gebaut werden.
Insgesamt sehe er aber trotz der aktuellen Krisen keine Anzeichen, dass die Weltwirtschaft von ihrem Erholungskurs abkomme, sagte Zetsche vor rund 4500 Aktionären. „Aus heutiger Sicht gehen wir deshalb unverändert davon aus, dass auch die globalen Automärkte 2011 signifikant weiter wachsen werden.“ Für Daimler heiße das: „2011 wollen wir da weitermachen, wo wir 2010 aufgehört haben. Wann immer möglich werden wir noch eine Schippe drauflegen.“
Der Start ins neue Jahr ist nach Zetsches Angaben gut gelungen. In den ersten drei Monaten hat das Unternehmen erheblich mehr Personenwagen und Lastwagen verkauft als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr bekräftigte Zetsche die Prognose. Er erwarte ein operatives Ergebnis deutlich über dem Vorjahreswert von 7,3 Milliarden Euro. Auch bei Umsatz (2010: 97,8 Milliarden Euro) und Absatz (2010: 1,9 Millionen Fahrzeuge) rechnet der Konzernlenker mit einem Plus.
Pro Aktie werden 1,85 Euro ausgeschüttet. Die insgesamt rund zwei Milliarden Euro werden an diesem Donnerstag ausgezahlt. Für Spitzen-Manager und Aufsichtsräte gilt ein neues Vergütungssystem. Bei den Vorständen spielt der Jahresbonus, der sich vor allem am operativen Gewinn des Konzerns orientiert, keine so große Rolle mehr. Dafür steigt die Grundvergütung. Die Aufsichtsräte werden anders als bisher für zusätzliche Aufgaben auch zusätzlich bezahlt.
Vor Herausforderungen stellt den Premiumhersteller der strukturelle Umbruch in der Branche. „Die geografische Wachstumsverlagerung Richtung Asien geht genauso weiter wie der technologische Paradigmenwechsel Richtung Elektromobilität“, sagte Zetsche. Bei beiden Themen sucht Daimler den Schulterschluss mit Partnern.
Daimler will künftig außerdem seine Kompetenzen jenseits des Kerngeschäfts mit Fahrzeugen stärker nutzen und damit mehr Geld verdienen. Ein Beispiel: Die geplante Milliardenübernahme des Dieselmotorenspezialisten Tognum gemeinsam mit dem britischen Triebwerksbauer Rolls-Royce. Bislang läuft die Aktion aber schleppend.
Aktionäre und Analysten haben das Angebot von 24 Euro je Aktie bereits mehrfach aber als viel zu niedrig kritisiert. Auch das Tognum-Management, das die Übernahme grundsätzlich gutheißt und selbst Tognum-Aktien hält, ist mit dem Preis nicht einverstanden. Nach einer Woche wurden lediglich 0,03 Prozent des Aktienkapitals angeboten. Hinzu kommt das bereits von Daimler gehaltene Aktienpaket von 28,4 Prozent. Tognum-Aktionäre können ihre Aktien bis einschließlich 18. Mai einreichen.
Von den Aktionären gab es kritische Fragen besonders zur künftigen strategischen Ausrichtung des Konzerns. Mehrere Redner forderten, Daimler müsse sich endlich vom europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS trennen. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte, es gebe Gespräche über die Beteiligung. Doch ein Ausstieg ist nicht so einfach: Die Stuttgarter und der französische Staat sind derzeit mit je 15 Prozent beteiligt, die französische Lagardère-Gruppe und ein deutsches Bankenkonsortium halten jeweils rund 7,5 Prozent. Diese ausgewogene deutsch-französische Machtbalance will die Bundesregierung unbedingt erhalten.