Daimler-Vorstand: „Jedes zusätzliche Gramm CO2 ist teuer“
Stuttgart (dpa) - Die Politik hat die Rahmenbedingungen vorgegeben: 95 Gramm je Kilometer müssen Neuwagen von 2021 an einhalten. Ob deshalb aber auch die Verbraucher mehr Elektrofahrzeuge kaufen, ist nach Einschätzung des Daimler-Entwicklungsvorstands Thomas Weber nicht sicher.
Die neuen EU-Vorgaben für den CO2-Ausstoß werden nach Einschätzung von Weber ein Kraftakt für den deutschen Autohersteller. „Sicher streben alle Hersteller eine Punktlandung an, denn jedes zusätzlich eingesparte Gramm CO2 ist unglaublich aufwendig und teuer“, sagte Weber der Nachrichtenagentur dpa. Das werde den Wettbewerbs-Druck weiter erhöhen.
Die EU-Staaten hatten sich vergangene Woche auf neue Klimavorgaben für Neuwagen ab 2020 geeinigt. Von 2021 ab gilt ein Durchschnittswert von höchstens 95 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer für Neuwagen in Europa. Weil größere Autos etwas mehr verbrauchen dürfen, wird Daimlers herstellerspezifisches Ziel voraussichtlich bei etwas über 100 Gramm CO2 pro Kilometer liegen. „Die deutsche Automobilindustrie ist nicht der große Gewinner“, sagte Weber.
Der Autohersteller wird nach Angaben von Weber in diesem Jahr den Wert seiner europäischen Pkw-Flotte um sechs Gramm auf 134 Gramm senken - „trotz des Marktstarts großer Autos wie der neuen S-und E-Klasse“, sagte Weber. 2016 will Daimler auf 125 Gramm kommen. Dazu soll auch die neue C-Klasse beitragen, die Daimler 2014 herausbringt. Sie werde im Verbrauch 20 Prozent unter ihrem Vorgänger liegen.
„Wir werden unsere Anstrengungen weiter intensivieren“, sagte Weber. „Inzwischen gebe ich schon seit Jahren 50 Prozent meines Forschung- und Entwicklungsbudgets dafür aus, diese höchst anspruchsvollen Ziele zu erreichen.“ Der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben werde aber in einer Größenordnung von fünf und sechs Prozent des Umsatzes bleiben. 2012 lagen die Forschungsausgaben für den Konzern bei gut 5,6 Milliarden Euro.
Seit zwei Jahren hat Daimler über die Kleinwagenmarke Smart ein E-Auto am Markt, daneben gibt es mehrere Modelle mit Batterieantrieb. „Technisch gesehen waren wir früh genug dran für diese Entwicklung und geben zudem jetzt massiv Gas“, sagte Weber. „Imagemäßig hätte uns eine noch frühere Hybrid-Offensive sicherlich nicht geschadet.“
Es sei aber auch noch nicht klar, wie groß der Anteil der Elektromotoren an der Flotte im Jahr 2020 sein werde - das hänge stark von der Nachfrage ab. „Im Extremfall könnte die so gering wie heute bleiben“, sagte Weber. Bei den CO2-Einsparungen sei der Motor nur ein Baustein. „Den größten Sprung haben wir geschafft, als wir unser effizienzoptimiertes Sieben-Gang-Automatik-Getriebe eingeführt haben.“
Technisch könne man fast nicht mehr tun, glaubt Weber. „Könnte man noch cleverer versuchen, die Bevölkerung zu begeistern: Ja.“ Denn Elektromobilität werde es nie ohne Aufpreis geben. Das müsse sich durch eingesparten Kraftstoff oder eine niedrigere Kfz-Steuer rechnen. „Wir unterstützen natürlich günstige Kredite für E-Autos und solche Themen, die man sich in der großen Koalition vorgenommen hat“, sagte Weber.
Die Politik müsse aber noch mehr Anreize schaffen. „Es muss Ladesäulen geben und Wasserstofftankstellen. Aber auch Park-Konzepte oder Car-Sharing-Angebote“, sagte Weber. „Wir können zwar Elektroautos entwickeln, aber wenn sie keiner kauft, wird es kaum möglich sein, das Ziel zu erreichen.“