Debatte um Abfrage Darf der Arbeitgeber nach der Impfung fragen? So ist die rechtliche Lage
Berlin · Eine Abfrage der Beschäftigten, ob sie gegen Corona geimpft sind oder nicht, löst eine hitzige Debatte aus. Gewerkschaften warnen davor und pochen auf den Datenschutz. Was rechtlich erlaubt ist und was nicht - ein Überblick.
Sollen Unternehmen das Recht bekommen, den Corona-Impfstatus ihrer Beschäftigten abzufragen? Darüber ist eine Debatte entbrannt. Arbeitgeber wünschen sich das und fordern eine Gesetzesänderung. Gewerkschaften widersprechen und verweisen auf den Datenschutz.
Wie ist die rechtliche Lage?
Gesundheitsdaten zählen nach Angaben der Landesdatenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen, Bettina Gayk, „zu den speziell geschützten besonderen Arten von personenbezogenen Daten“, deren Verarbeitung laut EU-Datenschutzgrundverordnung grundsätzlich untersagt ist. Solche Daten seien für jeden Arbeitgeber „tabu“, erläutert Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Stefan Brink im „Handelsblatt“. „Er darf weder fragen noch wissen, unter welchen Krankheiten ein Beschäftigter leidet, auch nicht, ob er geimpft ist oder nicht.“
Welche Ausnahmen gibt es?
Im engen Rahmen ermöglicht das Bundesdatenschutzgesetz Ausnahmen. Demnach dürfen Gesundheitsdaten unter Umständen abgefragt werden, wenn das für die Ausübung des Berufs notwendig ist. Rechtlich konkretisiert wird das für Gesundheitsberufe in Paragraf 23a des Infektionsschutzgesetzes: Dort wird beispielsweise Kliniken ausdrücklich erlaubt, den Impfstatus ihrer Beschäftigten abzufragen, wenn es zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten erforderlich ist. In solchen Berufen kämen Beschäftigte mit Personen in engen Kontakt, die sich vor Corona nicht wirksam selbst schützen könnten, erklärt Brink.
Was könnte eine Ausweitung dieser Auskunftspflicht in der Praxis bringen?
Aus Arbeitgebersicht wäre damit ein weiterer Schritt Richtung mehr Normalität möglich: Wenn klar ist, dass alle oder viele im Betrieb geimpft sind, könnten etwa Abstandsvorgaben oder Maskenvorschriften wegfallen. „Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind“, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei „Hart aber fair“ im Ersten gesagt.
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, sagte am Dienstag, es gehe nicht darum, den Gesundheitsdatenschutz abzuschaffen. Die Abfrage des Impfstatus' diene ausschließlich dazu, dass man allen Beschäftigten im Betrieb einen optimalen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen könne. Er rief den Bundestag dazu auf, bei seiner Sitzung am kommenden Dienstag eine entsprechende „rechtliche Grundlage“ dafür zu schaffen.
Wird das so kommen?
Momentan gibt es keine Anzeichen dafür. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht seinen Kabinettskollegen Jens Spahn (CDU) am Zug, der sich offen dafür gezeigt hatte, eine solche Impfstatusabfrage zu ermöglichen. Er warte nun zunächst ab, ob Spahn „nur einen Spruch in einer Talk-Show gemacht hat, oder ob der Kollege einen konkreten Gesetzgebungsvorschlag hat“, sagte Heil am Dienstag im rbb-Inforadio. Er erwähnte in diesem Zusammenhang das Infektionsschutzgesetz. Das wird voraussichtlich in der kommenden Woche im Bundestag in einem anderen Punkt geändert: Künftig soll die Zahl der Krankenhauseinweisungen eine stärkere Rolle spielen als die Inzidenz. Ob es Pläne gibt, das Gesetz auch beim Thema Impfstatusabfrage zu ändern, blieb am Dienstag unklar.
Welche Pläne hat die Bundesregierung sonst für Betriebe?
Die bis zum 10. September geltende Corona-Arbeitsschutzverordnung soll bis Ende November verlängert werden. Ein Kabinettsbeschluss dazu ist an diesem Mittwoch geplant. Betriebe werden demnach auch weiterhin Hygienekonzepte aufstellen und anwenden müssen, um eine Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern, wie aus dem Verordnungsentwurf hervorgeht. Interessant hier: Die Verordnung erwähnt ausdrücklich, dass Arbeitgeber dabei künftig auch den Impf- oder Genesenenstatus von Beschäftigten berücksichtigen dürfen, soweit ihnen der bekannt ist. Nicht ausgeschlossen ist, dass dies intern den Druck auf Arbeitnehmer erhöht, von sich aus zu sagen, ob sie geimpft sind oder nicht, wenn dadurch zum Beispiel eine Lockerung der Masken- oder Abstandsauflagen am Arbeitsplatz winkt.
Mit der Verordnungsänderung müssten Arbeitgeber Corona-Impfungen zudem künftig ausdrücklich während der Arbeitszeit ermöglichen. Auch soll die Impfbereitschaft durch eine Ansprache der Beschäftigten und durch eine innerbetriebliche Informationskampagne gefördert werden.