Wirtschaft Darum sind die Benzinpreise so hoch
Auch die Benzinpreise in der Region sind im Mai explodiert - und Diesel kann immer noch um die 1,30, Super auch mal fast an die 1,50 Euro kosten. Wir erklären, warum es an den Tanksäulen teuer werden kann.
Hamburg/München. Kraftstoff bleibt in Deutschland teuer - trotz eines Preisrückgangs an den Rohölmärkten. Gegenüber der vergangenen Woche sank der Preis für einen Liter Super E10 nach Angaben des ADAC vom Mittwoch nur um 0,1 Cent auf durchschnittlich 1,46 Euro.
Für einen Liter Diesel mussten Autofahrer mit 1,30 Euro pro Liter im Schnitt so viel bezahlen wie in der Vorwoche. Zu Beginn des Monats hatte Super E10 noch 1,40 und Diesel 1,24 Euro gekostet.
Die Entwicklung am Rohölmarkt zeigt laut ADAC noch keinen Effekt: Während Mitte Mai ein Barrel der Sorte Brent noch bei rund 80 Dollar notierte, sind die Kurse inzwischen auf rund 75 Dollar gesunken.
Der ADAC empfiehlt Autofahrern, den Tank nach Möglichkeit spätnachmittags oder abends zu füllen. Dann seien die Spritpreise erfahrungsgemäß am niedrigsten. Helfen können auch Apps für das Smartphone.
Die guten Jahre für Autofahrer und Heizölkäufer sind erst einmal vorbei - und kommen wohl nicht so schnell zurück. Seit einem Jahr steigen die Preise für Rohöl wieder, und mit ihnen jene für Heizöl und Benzin.
Erstmals seit fast drei Jahren mussten seit Mitte Mai deutsche Autofahrer an der Zapfsäule mehr als 1,40 Euro für einen Liter Superbenzin E10 bezahlen. Für einen Liter Diesel werden im bundesweiten Durchschnitt mindestens 1,26 Euro fällig, das war ebenfalls der höchste Stand seit rund drei Jahren.
Angesichts der enormen Tagesschwankungen an den Tankstellen von zehn Cent je Liter und mehr können die Spitzenpreise regional und zu ungünstigen Zeiten noch weitaus drastischer ausfallen. Der Energie-Informationsdienst EID ermittelte in der vergangenen Woche die höchsten Preise in Berlin mit 1,54 Cent für einen Liter E10 und 1,38 Euro für Diesel. Das sind Ausreißer-Werte, zu denen kaum ein Autofahrer tankt. Aber sie zeigen, wohin die Reise gehen könnte.
Der Heizölpreis hat nach den EID-Erhebungen in den größeren Städten die Marke von 70 Euro für 100 Liter (bei Abnahme von 3000 Litern, inklusive Mehrwertsteuer) geknackt. Bei den Internet-Preisportalen steht er im bundesweiten Durchschnitt noch knapp darunter. Damit müssen die Heizöl-Käufer wieder so viel bezahlen wie vor dreieinhalb Jahren, im November 2014. Vor einem Jahr lag der Heizöl-Preis bei 55 Euro für 100 Liter, der Anstieg beträgt somit mehr als 15 Euro oder fast ein Drittel. Bei einer Tankfüllung sind das immerhin 450 Euro.
Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Rohöl ist ferner innerhalb eines Jahres gar um mehr als die Hälfte gestiegen, bei der Nordsee-Sorte Brent von gut 50 auf mehr als 77 Dollar. Noch Anfang 2016 war der Preis ganz kurzzeitig unter 30 Dollar je Barrel gefallen.
„Die Akteure auf den Märkten haben wirksame Mittel gefunden, um die Ölschwemme dieser Zeit einzudämmen“, sagt EID-Chefredakteur Rainer Wiek. Denn jahrelang förderten die Ölproduzenten mehr Rohöl, als weltweit gebraucht wurde, und füllten so die Lager. Das ist vorbei. In den USA liegen die Lagerbestände bei Rohöl um 17 Prozent unter dem Vorjahr, bei Benzin und Diesel sogar um 23 Prozent.
Auf der Angebotsseite hat das Opec-Kartell seine Förderung zurückgefahren, unterstützt von Russland und anderen Förderländern. Rund zwei Millionen Barrel pro Tag hat die Opec aus dem Markt genommen. Opec-Mitglied Venezuela, das Land mit den größten Ölreserven, würde gern mehr Rohöl liefern. Doch eine tiefgreifende politische und wirtschaftliche Krise hat das Land ins Chaos gestürzt, aus Venezuela kommt tatsächlich immer weniger Öl.
Nachdem US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt und neue Sanktionen gegen das Land angekündigt hat, stehen weitere 2,5 Millionen Barrel pro Tag auf der Kippe. Der Iran ist der fünftgrößte Ölexporteur weltweit. Das meiste Öl von dort geht nach China und Indien sowie in weitere asiatische Länder, geringere Mengen nach Europa. „Das war schon in den Rohölnotierungen eingepreist“, sagt Wiek. Auch die Internationale Energie-Agentur IEA äußert sich vorsichtig über die Folgen der US-Politik. „Die Sanktionen könnten Einfluss auf das Marktgleichgewicht haben“, heißt es in einer Stellungnahme.
Doch es gibt auch andere Stimmen. „Kurz- und mittelfristig dürfte es zu einem Verlust von rund 600 000 Barrel pro Tag an iranischen Ölexporten kommen“, befürchtet Analyst Jan Edelmann von der HSH Nordbank. Dann würden nach seinen Berechnungen die Ölpreise nochmals um acht Dollar je Barrel steigen, also auf deutlich mehr als 80 Dollar.
Denn ungeachtet aller klimapolitischen Ziele steigt die Nachfrage nach Öl weiter. Das liegt vor allem an der guten Weltkonjunktur. Allein im laufenden Jahr erhöht sich der weltweite Ölbedarf nach der Prognose der IEA um 1,5 auf 99,3 Millionen Barrel pro Tag. Für Autofahrer und Heizölkunden in Deutschland ist das keine gute Nachricht. Entlastung auf dem Ölmarkt ist zunächst nicht in Sicht. dpa/afp