Das Smartphone als Hirn des intelligenten Autos
Las Vegas (dpa) - Dr. Z. auf der CES in Las Vegas: Für Mercedes will Daimler-Chef Dieter Zetsche die Welten des Automobils und der Digitaltechnik zusammenführen. Ohne Smartphone läuft bei den großen Automobilherstellern dabei nichts mehr.
Die Autobranche arbeitet schon lange daran, die Fahrzeuge intelligenter zu machen. Doch die Entwicklungszyklen der Hersteller sind lang. Deshalb nutzen die Entwickler zunehmend das Smartphone als eine Art ausgelagertes Gehirn, statt intelligente Technik direkt ins Cockpit einzubauen. Das liege ganz im Interesse der Kunden, sagt Ford-Sprecher Alan Hall der Nachrichtenagentur dpa. „Fast jeder hat ein Handy oder Smartphone, für das er schon zahlt. Der Kunde kann das Gerät einfach ins Auto mitnehmen, wo es dann nahtlos mit unserer Plattform kommuniziert.“
Welche Möglichkeiten sich dadurch bieten, ist derzeit auf der Consumer Electronics Show (CES, 10. bis 13. Januar) in Las Vegas zu besichtigen. Das digitale Auto ist in diesem Jahr einer der Schwerpunkte der CES. Punkten wollen die Autobauer vor allem mit der Sicherheit im Straßenverkehr. Ford zeigt auf der CES eine Testversion seiner Smartphone-App „MyFord Mobile“. Diese überwacht bei Elektroautos den Ladezustand und zeigt an, wo die nächste Strom-Tankstelle ist. Außerdem unterstützt die Anwendung energieeffizientes Fahren und führt die Nutzer in einem Sozialen Netzwerk zusammen.
Die Taschencomputer bieten einige Vorteile: Auf ihnen laufen Anwendungen aller Art - auch solche, die beim Autofahren nützlich sein können, etwa Karten oder Verkehrshinweise. Und dank Mobilfunkverbindung können sie jederzeit ihre Daten aus dem Internet laden. Ist das Smartphone über ein USB-Kabel oder drahtlos über Bluetooth mit dem Bordcomputer des Autos verbunden, werden die Ergebnisse auf einem Display oder über Lautsprecher ausgeben. Schließlich soll jede Ablenkung vermieden werden.
Auch externe Entwickler sollen die Autos intelligenter machen - Ford stellt ihnen dafür die Schnittstelle zum eigenen System zur Verfügung. Das Startup Roximity aus Denver hat beispielsweise eine App für Schnäppchenjäger programmiert. „Die App holt sich Angebote aus der Umgebung und liest sie vor“, erklärt Roximity-Mitbegründer Daniel Newman. Dafür nutzt sie die Ortungsfunktionen des Smartphones. Bei Interesse lotst das Navigationssystem den Fahrer gleich zum Geschäft. 3000 Entwickler, so hörte man am Ford-Stand, haben sich bereits um eine Kooperation mit dem Autoriesen beworben.
In einem der viel beachteten Leitvorträge der Messe sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche: „Wir führen die digitale und die automobile Welt zusammen.“ Der Manager, der einst selbst als „Dr. Z“ in Werbespots auftauchte, stellt eine neue Generation von Apps vor: Mbrace2 stellt Autofahrer eine Vielzahl von Internetdiensten bereit. Dazu gehören neben der klassischen Navigation auch die Unterstützung von Sicherheit und Fahrzeugtechnik.
Zetsche demonstriert in einem Trickfilm, wie ein Auto automatisch vor einem überfluteten Straßenabschnitt gebremst wird. Informationen über solche Risiken auf der Straße werden von den Smartphones anderer Fahrer zu einem Server geschickt und von dort an die nachfolgenden Autos übermittelt. Diese Technik werde derzeit in einem Pilotprojekt in Deutschland getestet. „Wir arbeiten an einer neuen Generation von Fahrzeugen, die als digitale Begleiter dienen.“
Der digitale Begleiter als Aufpasser - auch Ford hat ein derartiges Szenario entwickelt. Der US-Hersteller stellte den Prototypen einer Anwendung vor, die Diabetiker und Asthmatiker daran erinnert, vor der Fahrt etwas zu essen oder Medikamente zu nehmen. Dafür greift das System auf Informationen von Anbietern wie WellDoc zu, bei denen Nutzer ihre Gesundheitsdaten sammeln können. Denkbar sei in Zukunft auch, Allergiker rund um pollenbelastete Gegenden zu navigieren, erklärte ein Mitarbeiter.
Auch der koreanische Hersteller Kia Motors will über das Smartphone für mehr Sicherheit sorgen. Bei einem Unfall wird automatisch ein Notruf abgesetzt. Wenn die Fahrzeugtechnik eine Reparatur signalisiert, kann der Fahrer gleich einen Termin in der Werkstatt ausmachen. Die „Kia E-Services“ - zurzeit noch in der Testphase - helfen dem Fahrer auch bei einem ganz alltäglichen Problem: Weil das Smartphone die Steuerungszentrale aller Dienste ist, merkt es sich auch, wo das Auto geparkt wurde.