Das verlockende Geschäft mit dem Glück
Paul Gauselmann hat mit Automaten Milliarden erwirtschaftet. Am Dienstag feiert er seinen 80. Geburtstag.
Paul Gauselmann glaubt nicht an das Glück. Er betreibt darum auch kein Glücksspiel, sondern baut Geldspielgeräte. Ab und zu gewinnt der Kunde. Am Ende gewinnt immer Paul Gauselmann. Am Dienstag wird einer der letzten Unternehmenspatriarchen der Nachkriegszeit 80 Jahre alt.
Sein Imperium im ostwestfälischen Espelkamp erwirtschaftet ein Geschäftsvolumen von 1,8 Milliarden Euro, über Gewinne spricht er nicht. Dieser Weg war dem Sohn eines Heizers in Borghorst nicht vorgezeichnet. Ein paar Jahre lang wächst er im Haus seines Onkels in Münster auf. „1943 begannen die Bombardements. Wir saßen stundenlang im Keller und hatten Langeweile. Dann habe ich mit meinen Brüdern gespielt, alle Spiele die es so gab.“
Nach der Volksschule macht Paul Gauselmann eine Lehre als „Fernmelde- revisor“. Er wechselt mehrmals den Arbeitgeber, tüftelt nebenbei an technischen Neuerungen und macht sich 1964 selbstständig: Er arbeitet Musikboxen auf.
Ist er besonders ehrgeizig? „Och doch, ja!“, gibt er zu. Sein Ehrgeiz sei es, Gutes immer noch ein Stückchen besser zu machen. An die 300 Patente beansprucht der Mann für sich, dazu kommt noch die „Erfindung der modernen Spielhalle“. Und Gauselmann erzählt, „die Automaten hießen früher Lohntütenschlucker“. „Ganze Säle voll mit Automaten, in einer Stunde konnte man da den Durchschnitts-Lohn von sieben Arbeitsstunden verlieren. Heute nur noch den einer halben Arbeitsstunde.“
1974 macht Gauselmann in Delmenhorst seine erste Spielothek mit der „Merkur“-Sonne auf. 1976 wird sein erster selbstentwickelter Geldspielautomat zugelassen. Bis heute hat Paul Gauselmann aus einem Ein-Mann-Nebenerwerb den Marktführer der Geldspielgeräte und Spielhallen mit mehr als 8000 Beschäftigten gemacht.
Nach dem Tod seiner ersten Frau hat Gauselmann 1967 noch einmal geheiratet. „Vier Söhne, sechs Schwiegertöchter, neun Enkel“, zieht er jetzt Bilanz. Viele von ihnen sind im Unternehmen. Später soll die Firma mal eine Stiftung werden, „so wie bei Krupp und Bosch“.
Gauselmanns Geschäftsidee ist nicht nur erfolgreich, sondern auch sehr umstritten: Er verdient das Geld von Spielern, die es häufig leichtfertig in seine Automaten stecken — getrieben womöglich von einer unstillbaren Sucht.
„Die Anzahl der pathologischen Spieler in Deutschland wird auf 100 000 bis 170 000 geschätzt“, teilte die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren mit — Tendenz steigend. Doch solche immer wieder an Gauselmann adressierte Bedenken prallen an ihm ab: „Alles macht süchtig, wenn man es zu viel macht“, befindet er kurz.
Und Glück? „Ich glaube nicht an Glück“, sagt Paul Gauselmann, das Sonntagskind. Die Automaten seien Zufallsgeräte, aber alles genau berechnet: Wie viel sie im Durchschnitt als Gewinn für den Spieler auswerfen, und wie viel als Gewinn für Paul Gauselmann. „Das einzige Glück ist, dass mir noch kein Backstein auf den Kopf gefallen ist.“