Der Coup von Solarworld

Die Firma übernimmt Teile von Boschs Solarsparte — steckt aber selbst in der Sanierung.

Bonn. Gerade selbst dem Abgrund knapp entkommen, verleibt sich Solarworld Teile der Bosch-Solarsparte ein. Der Bonner Solartechnikhersteller übernimmt die Fertigung von Zellen und Modulen am Hauptsitz der Bosch-Sparte im thüringischen Arnstadt. Das teilten beide Unternehmen am Dienstag mit. Rund 800 Mitarbeiter sollen an dem bisher von Schließung bedrohten Thüringer Standort bei Solarworld eine Zukunft haben.

Tief in die Tasche greifen muss Solarworld-Chef Frank Asbeck für die Übernahme der modernen Fertigungsanlagen aber nicht. Er sprach in Arnstadt von einer „honorigen Lösung mit Bosch im Interesse der Arbeitsplätze“. Die Übernahme habe „keine finanzielle Auswirkung auf Solarworld“. Experten hatten spekuliert, dass Bosch den Bonnern sogar eine Mitgift für die Übernahme geben könnte. Bosch-Chef Volkmar Denner sagte zu den finanziellen Aspekten, es sei Stillschweigen vereinbart worden.

Laut Asbeck wird Solarworld durch die Übernahme der Arnstädter Fertigung von Solarzellen und -modulen zum „größten kristallinen Solarhersteller außerhalb Chinas“ mit einer Kapazität von mehr als einem Gigawatt. Die Produktion von Solarsilizium will Asbeck aus Kostengründen von Arnstadt nach Katar verlagern. An der Börse legten Solarworld-Aktien zeitweise um drei Prozent zu.

Für insgesamt 1100 der derzeit noch 1500 Beschäftigten des größten Bosch-Solarstandorts in Arnstadt sei nun eine Lösung gefunden worden, sagte Denner. Außer den 800 Mitarbeitern, die Solarworld übernehme, sollen 200 durch die Verlagerung von Autoelektronik-Teilen aus einem Bosch-Werk in Ungarn nach Arnstadt beschäftigt werden.

Zudem siedele sich auf dem Werksgelände eine Pharmafirma mit 100 Arbeitsplätzen an. Für andere Bereiche der Bosch-Solarsparte mit 2600 Beschäftigten in Frankreich und Brandenburg würde noch nach Lösungen gesucht.

Bosch hatte im März nach Verlusten von 2,4 Milliarden Euro, die sich laut Denner seitdem noch erhöht haben, den Komplettausstieg aus dem Solar-Geschäft beschlossen. „Für die Mitarbeiter waren die vergangenen Monate natürlich keine einfache Zeit“, räumte Denner ein. Der Vertrag sei ein „Meilenstein“. Der Betriebsrat der Bosch Solar Energy AG äußerte sich zu der Paketlösung zurückhaltend. Besorgt zeigte er sich über eine mögliche Insolvenzgefahr bei Solarworld.

Solarworld hat sich nach eigenen Angaben verpflichtet, die Photovoltaik-Produktion in Arnstadt bis 2018 beizubehalten. Die Zahl von 800 Mitarbeitern soll zwei Jahre konstant gehalten werden, sagte Asbeck.

Das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld kämpft derzeit selbst mit den Schwierigkeiten der Solarbranche: Im August hatte Solarworld eine drohende Insolvenz abwenden können. Bis Februar 2014 will das Unternehmen seine Restrukturierung abgeschlossen haben — dann soll auch das Bosch-Geschäft abgeschlossen werden. dpa