EU könnte Netzsperre den Weg ebnen

Ein Gutachten des Europäischen Gerichtshof besagt, dass Blockaden für bestimmte Webseiten rechtmäßig sind.

Luxemburg. Webseiten, auf denen Filme illegal angesehen oder heruntergeladen werden können, sind der Filmindustrie ein Dorn im Auge. Doch die Betreiber sitzen oft im Ausland, außerhalb Europas. An sie kommt man nicht leicht heran. Anders ist es bei den Internetprovidern, die Nutzern den Internetzugang bereitstellen. Nach der Stellungnahme eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof (EuGH) könnten diese Internetanbieter rechtlich dazu gezwungen werden, illegale Webseiten zu blockieren (Rechtssache C-314/12).

Genau das hatte der deutsche Constantin Filmverleih verlangt: Er wollte einen österreichischen Internetanbieter verpflichten, die — seit 2011 vom Netz genommene — Seite „kino.to“ zu blockieren. Die Kunden der österreichischen UPC-Telekabel hätten dann nicht mehr auf „kino.to“ zugreifen können. Gegen solch eine Netzsperre haben deutsche Aktivisten heftig protestiert. Nach EU-Recht seien solche Sperren möglich, heißt es im Gutachten. Die Einschätzung von Generalanwalt Pedro Cruz Villalón muss nicht zwangsläufig zu einem gleichlautenden Urteil führen. Doch meistens folgt der EuGH den Empfehlungen seiner Gutachter. Das Urteil der Luxemburger Richter wird erst in einigen Monaten erwartet.

Damit wird die heftige Debatte um Netzsperren erneut befeuert. „Das ist die Büchse der Pandora“, sagte der deutsche Netzaktivist Markus Beckedahl. Solche Sperren legten den Grundstein für eine Internetzensur. In Deutschland wird seit Jahren heftig um das Thema gestritten. Im Jahr 2009 wollte die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) Webseiten mit Kinderpornografie sperren lassen, Netzaktivisten liefen Sturm dagegen. Bürgerrechtler befürchten nämlich, dass auch legale Angebote gesperrt werden könnten. Sie wollen die rechtswidrigen Inhalte lieber an der Quelle löschen lassen.

Das empfiehlt auch der Gutachter: Wenn möglich, sollten Rechteinhaber sich direkt an den Betreiber der illegalen Webseite wenden. Der Gutachter mahnte zudem an, dass nationale Gerichte Grundrechte wie Meinungsfreiheit berücksichtigen müssten, bevor sie eine Sperre anordnen.

Den Gerichten droht nun eine Klagewelle, dabei verhindern Netzsperren nicht unbedingt den Zugriff auf bestimmte Webseiten. Nutzer können mit einigen Klicks die Einstellungen ihres Internetzugangs leicht ändern, dann können sie die vermeintlich gesperrten Webseiten doch aufrufen. Das wissen auch die Gerichte. Doch nach Einschätzung des EUGH-Gutachters bedeutet dies nicht, dass Sperren sinnlos sind. So könne manchen Surfern erst durch eine Sperre auffallen, dass sie ein illegales Angebot nutzen wollten.