Deutsche Autobauer zieht es nach Mexiko
Mexiko-Stadt (dpa) - Mexiko ist derzeit ein El Dorado der internationalen Automobilindustrie. Die Konzerne investieren dort massiv, das Land weckt große Hoffnungen in der Branche.
2013 und 2014 kündigten die Konzerne insgesamt Investitionen von zehn Milliarden US-Dollar (7,3 Mrd Euro) an.
Nachdem zuletzt Daimler seine Pläne für ein Gemeinschaftswerk mit Renault-Nissan in Aguascalientes bekanntgab, hat jetzt auch BMW nachgelegt. Ab 2019 wollen die Münchner in San Luis Potosí in Zentralmexiko bis zu 150 000 Fahrzeuge pro Jahr herstellen. Eine Milliarde US-Dollar (732 Millionen Euro) investieren sie in ihren vierten Standort in Amerika.
„Mit dieser Investition erkennt BMW die Fortschritte an, die Mexiko im Bereich der Automobilindustrie in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat“, sagte Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo bei der Ankündigung des neuen Werks im Präsidentenpalast. Staatschef Enrique Peña Nieto verkündet stolz: „Nach einer Standortanalyse auf der ganzen Welt hat sich BMW für Mexiko entschieden.“
Der deutsche Autobauer hatte sich lange bedeckt gehalten und mehrere potenzielle Standorte in Mexiko geprüft. „San Luis Potosí ist ideal für uns. Dort gibt es gute Bildungseinrichtungen, eine ausgebaute Infrastruktur und ein großes Netz von Zulieferern“, sagte BMW-Produktionsvorstand Harald Krüger. „Unter anderem sind dort Firmen ansässig, die bereits unser Werk in Spartanburg (USA) beliefern.“
Mit der neuen BMW-Fabrik produzieren künftig alle großen deutschen Automobilhersteller in Mexiko. Volkswagen fertigt bereits seit 50 Jahren in Puebla südöstlich von Mexiko-Stadt. Im zweitgrößten Werk des Konzerns laufen pro Jahr über 500 000 Fahrzeuge vom Band.
Anfang 2013 eröffnete Volkswagen in Silao sein 100. Werk. Dort werden TSI-Motoren für Puebla und den US-Standort Chattanooga gefertigt. In Querétaro unterhält der Konzern zudem eine Fabrik der Nutzfahrzeugtochter MAN.
Ab 2016 will auch die VW-Premiumtochter Audi in Mexiko Autos bauen. In San José Chiapa entsteht derzeit ein Werk für den Geländewagen Q5. Pro Jahr will Audi dort 150 000 Fahrzeuge für den Weltmarkt produzieren. Auch alle anderen großen Autokonzerne sind in Mexiko vertreten. Nissan, General Motors, Chrysler, Ford, Honda und Toyota unterhalten Fabriken.
Die Unternehmen schätzen an Mexiko vor allem die Nähe zum wichtigen US-Markt, ein gut ausgebautes Zulieferernetz und die relativ niedrigen Lohnkosten. Laut einer Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Alex Covarrubias im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sind die Gehälter von einfachen Arbeitern in der Automobilindustrie fast nirgendwo so gering wie in Mexiko. Das wiederum erhöht die Rentabilität der Konzerne.
Und Mexiko bietet weitere Vorteile: Durch einen Standort im Dollar-Raum können sich die Unternehmen gegen Wechselkursschwankungen absichern. Zudem hat das Land Freihandelsverträge mit über 40 Staaten unterzeichnet, was zollfreie Exporte in zahlreiche Absatzmärkte erlaubt.
„Die Nafta-Region ist ein Wachstumsmarkt“, sagt auch BMW-Vorstand Krüger. „Es ist unsere Strategie, mit den Produktionsstandorten den Märkten zu folgen.“ Welche Modelle künftig in San Luis Potosí vom Band rollen werden, ist bislang noch unklar.
Die Automobilindustrie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Mexiko. Fast 600 000 Menschen sind in dem Sektor beschäftigt. Allein zwischen 2007 und 2012 stieg die Zahl der Beschäftigten nach Angaben der Statistikbehörde Inegi um 13 Prozent. Das Land ist der achtgrößte Automobilstandort der Welt. Bereits im Jahr 2018 könnte Mexiko Deutschland als drittgrößten Autoexporteur ablösen, heißt es in der jüngsten Studie der Unternehmensberatung Deloitte.
Im vergangenen Jahr wurden im Land 2,9 Millionen Fahrzeuge gefertigt. Bereits jetzt erwirtschaftet die Branche vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 2018 könnte sie acht Prozent und damit genauso viel wie der Erdölsektor beitragen, prognostiziert der Analyst Marco Oviedo von der britischen Großbank Barclays.