Neuer Konzernchef handelt Deutsche Bank schrumpft US-Geschäft

Frankfurt/Main (dpa) - Nach einem enttäuschenden Jahresauftakt beschwört der neue Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing alte Tugenden.

Foto: dpa

„Wir werden bei der Deutschen Bank diejenigen Werte wiederbeleben, auf denen die Bank vor annähernd 150 Jahren gegründet wurde“, rief Sewing der versammelten Analystengemeinde zu. Dazu gehörten „ein klarer Blick, Disziplin in der Umsetzung und Stolz auf die Arbeit“.

Viel Pathos schwingt mit, als der bisherige Privatkundenvorstand nicht einmal drei Wochen nach seiner Beförderung auf den Chefsessel drastische Einschnitte im einst glanzvollen Investmentbanking verkündet, das zur Bürde für das Frankfurter Geldhaus geworden ist. Zu der Sparte gehören beispielsweise die Beratung von Firmen bei Börsengängen oder der Handel mit Wertpapieren aller Art.

Die Ergebnisse des ersten Quartals erforderten sofortiges Handeln, betonte Sewing: „Wir werden den Kurs unserer Bank jetzt ändern. Es gibt keine Zeit zu verlieren.“ Gerade mal 120 Millionen Euro verdiente die Deutsche Bank im ersten Quartal nach 575 Millionen Euro ein Jahr zuvor. US-Branchenprimus JPMorgan Chase brachte im gleichen Zeitraum so viel Geld an einem einzigen Arbeitstag nach Hause.

Schon der geschasste Vorgänger John Cryan hatte die Probleme erkannt, als er im Sommer 2015 an die Spitze der Deutschen Bank gerückt war. In seiner unaufgeregten Art formulierte der Brite damals: „Wir müssen einfach besser werden.“ Nun setzt Sewing im Investmentbanking das um, was in den Frankfurter Zwillingstürmen als Projekt „Colombo“ schon vorangetrieben wurde, als Cryan noch im Amt war.

Hauptproblem ist, dass die Deutsche Bank im Investmentbanking Marktanteile verloren hat, insbesondere an die US-Konkurrenz. Zudem sind die Kosten im Branchenvergleich sehr hoch. In Sewings Umbauplan wird deshalb das US-Handelsgeschäft mit Anleihen und voraussichtlich auch Aktien am heftigsten beschnitten. „Unsere Wurzeln liegen in Europa - hier wollen wir Unternehmen und institutionellen Kunden weltweite Finanzierungslösungen anbieten“, erklärte Sewing. „Darauf werden wir uns künftig noch viel stärker konzentrieren.“

Von 2021 an sollen die Privat- und Firmenkundenbank sowie der seit gut einem Monat an der Börse notierte Vermögensverwalter DWS ungefähr die Hälfte der Konzernerträge erwirtschaften. Sewing dreht damit das Rad zurück. Praktisch alle Chefs der Deutschen Bank seit Ende der 1990er Jahre suchten das Heil im Investmentbanking. Das Institut sollte im Konzert der globalen Bankkonzerne die erste Geige spielen. Am augenfälligsten wurde das 1999 mit der Milliardenübernahme der Wall-Street-Bank Bankers Trust, womit die Frankfurter mit einem Schlag zu einem der großen Spieler auf dem US-Markt wurden.

Sewing setzt stattdessen auf das Privat- und Firmenkundengeschäft samt der Tochter Postbank, die bis zur Jahresmitte komplett in den Konzern integriert werden soll.

Der inzwischen 48-Jährige, der fast sein ganzes Berufsleben bei der Deutschen Bank verbracht hat, war in einer Krisensitzung des Aufsichtsrates am 8. April mit sofortiger Wirkung zu Cryans Nachfolger ernannt worden. Bereits am Tag nach seiner Ernennung forderte Sewing mehr „Jägermentalität“ von den gut 97.000 Mitarbeitern des Konzerns und kündigte harte Entscheidungen an.

Nun teilte die Bank mit, der Umbau der Unternehmens- und Investmentbank werde in den betroffenen Regionen und Geschäftsfeldern auch mit einem „spürbaren“ Stellenabbau verbunden sein. Genaue Zahlen nannte das Institut auch auf Nachfrage nicht.

„Diese Einschnitte sind schmerzlich, aber leider unvermeidlich, wenn unsere Bank dauerhaft wettbewerbsfähig leiben soll“, begründete Sewing. Die aktuellen Renditen seien für die Aktionäre „schlicht nicht akzeptabel“. Der Aktienkurs dümpelt seit Monaten nahe dem historischen Tiefstand. Nach Bekanntgabe der Umbaupläne legte er am Donnerstag zumindest wieder leicht zu.

Schlankere Führungsstrukturen - angefangen bei einem von zwölf auf neun Mitglieder schrumpfenden Vorstand - sollen die Kosten zusätzlich drücken. An seiner Entschlossenheit lässt Sewing keine Zweifel: „Allzu oft haben wir in der Vergangenheit unsere selbst gesteckten Ziele nicht mit ausreichendem Nachdruck verfolgt. Diese verlorene Glaubwürdigkeit müssen wir zurückgewinnen.“