Deutsche Börse darf auf NYSE-Fusion hoffen

New York/Frankfurt (dpa) - Diese Nachricht dürfte die Deutsche Börse brennend interessiert haben: Die New York Stock Exchange erwägt kein Gegenangebot für die benachbarte Technologiebörse Nasdaq. Das bestätigte ein NYSE-Sprecher am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.

Das bedeutet: Es bestehen weiterhin Chancen auf einen Zusammenschluss von NYSE Euronext und Deutscher Börse. Deutsche Börse und NYSE Euronext hatten sich Mitte Februar nach mehreren Anläufen und harten Verhandlungen zur Fusion durchgerungen. Doch das letzte Wort haben nicht die Chefetagen, sondern die Aktionäre. Und die wollen vor allem ihr Geld mehren. Es kann also jederzeit ein Störenfried auftauchen und ein besseres Angebot vorlegen.

So geschah es auch am 1. April: Die deutlich kleinere Nasdaq OMX kündigte an, ihrerseits eine Offerte für die traditionsreiche NYSE Euronext vorzulegen. Dazu hatte sich die Nasdaq mit der Rohstoffbörse IntercontinentalExchange (ICE) verbündet. Nach eigenen Angaben will das Duo die Deutschen um 20 Prozent überbieten.

In US-Medien war zwischenzeitlich spekuliert worden, die NYSE könnte den Spieß umdrehen und ihrerseits die unbequem gewordene Nasdaq schlucken. Damit wäre aber auch der Zusammenschluss mit den Deutschen geplatzt. An der Nasdaq sind sich Technologie-Schwergewichte wie Apple oder Microsoft notiert.

Deutsche-Börse-Chef Francioni gibt sich inmitten des großen Gerangels gelassen. Das Konkurrenzangebot habe er „zur Kenntnis genommen“. Ob er seine eigene Offerte nun versüßt, wollte er aber nicht kommentieren. In Finanzkreisen hieß es, dass es keinen Grund zu einer Angebotsverbesserung gebe.

Die Aktionäre der gewichtigeren Deutschen Börse sollten nach den ursprünglichen Plänen 60 Prozent am neuen gemeinsamen Unternehmen halten. Der Chefposten geht indes nach New York. Beiderseits des Atlantiks gibt es wegen der Machtverteilung erhebliche Widerstände. Jede Seite fürchtet, am Ende von der jeweils anderen untergebuttert zu werden.

Zahlreiche Analysten glauben, dass mit der Gegenofferte von Nasdaq/ICE der Deal für die Deutsche Börse endgültig gelaufen ist. „Der Drops ist gelutscht“, sagte NordLB-Analyst Constantin Rohrbach.

Christian Muschick von der Investmentbank Silvia Quandt sieht weniger schwarz. Vielleicht, so mutmaßt er, gibt es ja einen Plan B: „Die intelligenteste Lösung könnte es sein, wenn sich womöglich die NYSE mit der Deutschen Börse zusammentut, um erstmal die Nasdaq zu schlucken.“ Es bleibt spannend beim großen Börsenpoker.