Deutsche Börse legt Fusionsflop ad acta

Frankfurt/Main (dpa) - Mit teilweise neuer Führung strebt die Deutsche Börse nach der geplatzten Fusion mit der New Yorker NYSE Euronext nach vorne. Ex-Allianzvorstand Joachim Faber führt ab sofort den Aufsichtsrat der Deutschen Börse.

Der 62-Jährige ist Nachfolger von Manfred Gentz (70), der aus Altersgründen mit Ablauf der diesjährigen Hauptversammlung des Dax-Konzerns am Mittwoch abtrat.

Gentz, der das Kontrollgremium seit Anfang Dezember 2008 führte, lehnte bei dem Aktionärstreffen jede Verantwortung für den Fusionsflop ebenso ab wie Börsenchef Reto Francioni. Die weltgrößte Börse sei am 1. Februar von der EU-Kommission „aufgrund einer fehlerhaften Einschätzung der wettbewerbsrechtlichen Situation“ verhindert worden, sagte Gentz. „Niemandem im Unternehmen ist daraus ein Vorwurf zu machen.“

Die Brüsseler Wettbewerbshüter hatten Bedenken, dass in Europa ein Quasi-Monopolist im besonders lukrativen Handel mit Derivaten, also Finanzwetten, entstehen würde. Die Deutsche Börse reichte dagegen Klage beim höchsten europäischen Gericht in Luxemburg ein.

„Eine mögliche Entscheidung des Gerichts in unserem Sinne kann natürlich den Zusammenschluss nicht mehr Realität werden lassen“, erklärte Francioni. Aber sie könne „künftige mögliche Nachteile für die Deutsche Börse“ verhindern. Die Kosten für die erste Instanz bezifferte er auf 1,5 Millionen bis 2 Millionen Euro. Dafür seien im ersten Quartal 2012 Rückstellungen gebildet worden. Dass das Megaprojekt den Frankfurter Marktbetreiber 100 Millionen Euro kostete, nannte Francioni „angemessen und marktüblich“. Aktionärsvertreter warfen dem Management Fehler vor. Die erkennbaren Bedenken aus Brüssel seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Die Pleite reihe sich in eine Serie von Flops der Frankfurter ein.

Auch ohne Partner stehe die Deutsche Börse AG „heute so stark da wie wahrscheinlich noch nie zuvor in ihrer Geschichte“, befand Francioni. „Unser Blick ist auf die Zukunft gerichtet.“ Der Schweizer bekräftigte das Ziel, 2012 sowohl das operative Ergebnis (EBIT) als auch den Umsatz zu steigern. Vor allem in Asien will der Dax-Konzern zulegen. Weitere Einschnitte für die Mitarbeiter solle es zunächst nicht geben, versicherte Francioni: „Wir streben derzeit keine weitere Reduzierung der Mitarbeiterzahl an.“