Autonomie-Bestrebungen Deutsche Firmen bei Investitionen in Katalonien kritischer
Frankfurt/Main (dpa) - Deutsche Unternehmen halten sich nach Einschätzung von Beratern wegen der Katalonien-Krise mit Investitionen in die Region zurück.
„Viele Firmen neigen dazu, Investitionspläne vorsichtiger und sensibler zu prüfen“, sagte Marcus Schüller, Partner bei der Beratungsgesellschaft KPMG der Deutschen Presse-Agentur. „Die Liste der Kriterien für Entscheidungen wird generell länger und Punkte wie Rechtsstaatlichkeit sowie politische Stabilität gewinnen an Bedeutung.“
Die Unsicherheit über die nach Unabhängigkeit strebende Region sei in vielen Unternehmen zu spüren, auch wenn es keine Abspaltung von Spanien gegeben habe, meint Schüller. „Wir merken es stärker als früher, dass Firmen vorsichtiger und abwartender investieren.“ Zwar würden die meisten Unternehmen keine Betriebsstätten verlagern. „Aber es werden Lieferketten auf Abhängigkeiten von einzelnen Firmen geprüft.“
Im wirtschaftsstarken Katalonien machen viele deutsche Mittelständler, aber auch Schwergewichte wie Bayer, BASF und die VW-Tochter Seat Geschäfte. Mehr als die Hälfte der rund 1600 in Spanien tätigen Firmen mit deutscher Beteiligung sind laut dem Industrieverband BDI in der Region ansässig.
Allein bis Mitte Oktober hätten seit der Zuspitzung der Krise insgesamt etwa 1200 Firmen ihren rechtlichen Sitz aus Katalonien verlegt, erklärte jüngst die Handelsregisterstelle in Madrid. Zwar ist damit meist kein tatsächlicher Umzug von Betrieben verbunden, doch im Fall einer Unabhängigkeit Kataloniens könnten sich die Unternehmen so weiter nach spanischen Bestimmungen richten. Die Regierung in Madrid hatte Firmen den Weggang aus der Region erleichtert, um Druck auf Katalonien auszuüben. Die fünfgrößte Bank des Landes, Banco Sabadell, hat schon den Umzug angekündigt.
Unternehmen entscheiden über große Investitionen oft mit langem Vorlauf. Dabei gibt es viele Faktoren: etwa Kosten im Vergleich zu anderen Standorten, Verkehrsanbindungen, die Verfügbarkeit von Fachkräften und Chancen für die Erschließung neuer Märkte. Auch Rahmenbedingungen wie politische Stabilität und Rechtsstaatlichkeit sowie rechtliche Sicherheit für Investitionen spielen eine Rolle.
Sollte sich die Krise um Katalonien nun entspannen, seien „vermutlich keine massiven Verwerfungen“ zu erwarten, sagte Schüller. Im Fall einer Verschärfung, etwa mit den Neuwahlen in der Region am 21. Dezember, könnten aber deutsche Firmen gezwungen sein, zu handeln.
Spaniens Regierung pocht auf den Verbleib Kataloniens im Land. Die Staatsanwaltschaft hatte jüngst Haftbefehl gegen den abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont erlassen. Er stellte sich Behörden in Belgien, kam aber gegen Auflagen frei.