Deutsche kaufen gerne am Abend ein

Vor 20 Jahren begann die Lockerung der starren Öffnungszeiten in Deutschland.

Düsseldorf. Am Abend des 5. Oktobers 1989 trägt Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann auf der Düsseldorfer Königsallee das Ladenschlussgesetz sinnbildlich zu Grabe - in einer Einkaufstüte. Es ist der erste lange Donnerstag in der Bundesrepublik, die Geschäfte sind bis 20.30 Uhr geöffnet, zwei Stunden länger als sonst. Am Montag jährte sich der Anfang vom Ende der starren Öffnungszeiten zum zwanzigsten Mal.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte beschlossen, den Donnerstag zum Dienstleistungsabend zu machen. "Je näher an der Innenstadt und je größer ein Laden war, desto besser kam der lange Donnerstag an", erinnert sich Waltraud Loose, heute Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Nordrhein-Westfalen. Es war der endgültige Durchbruch für große Warenhäuser und Supermärkte. Kein Wunder, dass Kaufhof-Chef Lovro Mandac heute von einem "Meilenstein" spricht.

Im Laufe der Jahre wurde das Ladenschlussgesetz von 1956 weiter aufgeweicht, auch auf Initiative des Einzelhandelsverbands. "Das europäische Ausland hat es uns vorgemacht und wir wollten nicht die ewig Gestrigen sein", sagt Loose.

Mittlerweile ist der lange Donnerstag längst wieder Geschichte. In größeren Städten ist es normal, dass man bis 22 Uhr im Supermarkt einkauft. Die Deutschen, besonders junge Berufstätige, haben ihre Einkaufsgewohnheiten geändert und gehen gerne abends shoppen. Seit November 2006 dürften Geschäfte in Nordrhein-Westfalen theoretisch sogar rund um die Uhr geöffnet sein - außer am Sonntag. "Die ganze Nacht zu öffnen, würde sich aber nicht rechnen", sagt Loose.

Dass sich das Ende des Ladenschlussgesetzes für niemanden rechnet, findet Volkert Küppers, Gewerkschaftssekretär bei Verdi: "Weil die Supermärkte die kleinen Geschäfte kaputt machen. Weil das Warenangebot dadurch vereinheitlicht wird. Und weil Nachtarbeit gesundheitsschädlich ist." Zudem seien viele der Abend-Verkäufer unterbezahlte Leiharbeiter oder Mini-Jobber.

Allen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz wirkt der lange Donnerstag bis heute nach: Der Donnerstag ist immer noch einer der umsatzstärksten Tage im Einzelhandel. Er liegt hinter Samstag und Freitag auf Rang drei. Und es ist der einzige Tag, an dem Ämter und Behörden länger geöffnet haben.

Dass sich die Liberalisierung der Geschäftszeiten fortsetzt und irgendwann auch sonntags geshoppt wird, bezweifelt Waltraud Loose. "Das wollen auch wir nicht. Der Sonntag gehört der Familie", sagt sie. Es wird also bei vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr bleiben.