Aufschwung setzt sich fort Deutsche Konjunktur läuft auf Hochtouren

Berlin (dpa) - Die deutsche Wirtschaft geht mit hohem Tempo ins neunte Wachstumsjahr in Folge. 2017 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,2 Prozent zu, nach 1,9 Prozent im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt in Berlin anhand vorläufiger Zahlen bekanntgab.

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Die Wirtschaft wuchs damit das achte Jahr in Folge und so kräftig wie seit 2011 nicht mehr. Ökonomen erwarten eine Fortsetzung des Booms in diesem Jahr.

Dem Staatshaushalt beschert die starke Konjunktur sprudelnde Steuern und Sozialbeiträge und unter dem Strich einen Rekordüberschuss. Die Wirtschaft selbst sieht eine „nachhaltige und robuste Entwicklung“, die Hunderttausende neue Arbeitsplätze bringen dürfte.

Ein stärkeres Wirtschaftswachstum hatte es zuletzt 2010 (plus 4,1 Prozent) und 2011 (plus 3,7 Prozent) gegeben - damals musste sich Europas größte Volkswirtschaft allerdings erst wieder aus der tiefen Rezession des globalen Krisenjahres 2009 emporarbeiten.

Das Wachstumstempo hält unvermindert an: Zum Jahresende 2017 legte das BIP nach ersten Schätzungen der Statistiker um ein halbes Prozent zum Vorquartal zu. „Die deutsche Wirtschaft brummt“, brachte es jüngst ifo-Präsident Clemens Fuest auf den Punkt.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht den Aufschwung weiterhin „auf einer breiten Basis“. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, trat der Befürchtung entgegen, dass der Wirtschaft allmählich die Puste ausgehen könnte: „Die Kapazitäten in der Industrie sind so ausgelastet wie seit der weltweiten Finanzkrise vor zehn Jahren nicht mehr“, sagte Kempf. „Echte Risiken für eine konjunkturelle Überhitzung sehen wir nicht.“

Üblicherweise verbindet sich mit „Überhitzung“ die Vorstellung einer Überforderung der Wirtschaft, die - verbunden mit übermäßig steigenden Preise und Löhnen - die Konjunktur kippen lässt.

Getragen wurde der Aufschwung im vergangenen Jahr vor allem von positiven Impulsen aus dem Inland: Die privaten Konsumausgaben stiegen um 2 Prozent - und trugen damit allein 1,4 Punkte zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum bei. Der Rest entfällt weitgehend auf Investitionen, während die Außenwirtschaft - ganz anders als in früheren Konjunkturzyklen - mit einem Wachstumsbeitrag von 0,2 Punkten keine treibende Rolle spielte.

Die Kauflaune der Verbraucher hängt zum einen mit der historisch günstigen Lage auf dem Arbeitsmarkt zusammen - zum anderen damit, dass von Lohnerhöhungen angesichts moderater Inflation mehr in den Geldbeuteln der Arbeitnehmer bleibt.

Die Löhne und Gehälter der Tarifbeschäftigten stiegen im vergangenen Jahr durchschnittlich um 2,4 Prozent, wie die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung mitteilte. Nach Abzug der Preissteigerung blieb ein Reallohnplus von rund 0,6 Prozent. Hinzu kommt, dass es wegen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kaum Anreize zum Sparen gibt.

2017 wurde die deutsche Wirtschaftsleistung im Jahresschnitt von knapp 44,3 Millionen Erwerbstätigen erbracht, rund 638 000 mehr als im Jahr davor. Das ist der höchste Stand seit der Einheit und der kräftigste Anstieg seit zehn Jahren. Vor allem die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte zu.

Zugleich sorgt die kräftige Erholung der Weltwirtschaft für steigende Nachfrage nach Waren „Made in Germany“. Deutschlands Exporteure steuern 2017 auf das vierte Rekordjahr in Folge zu. In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres wurden Maschinen, Autos und andere Waren im Wert von 1,18 Billionen Euro ausgeführt - ein Plus von 6,5 Prozent zum Vorjahr.

Auch die gestiegene Investitionslust der Unternehmen in Deutschland trug zum Aufschwung bei. Die Firmen steckten 3,5 (Vorjahr: 2,2) Prozent mehr Geld in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Die robuste Entwicklung mache die Unternehmen mutiger, so dass viele auch mehr investierten, sagte BDI-Chef Kempf. „Dieser Trend festigt den Aufschwung zusätzlich.“ Die staatlichen Konsumausgaben stiegen mit 1,4 (3,7) Prozent unterdurchschnittlich.

Der deutsche Staat nahm 2017 das vierte Mal in Folge mehr Geld ein als er ausgab. Auf den Rekord von 38,4 Milliarden Euro summierte sich der Überschuss bei Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen. Das entspricht einem Plus von 1,2 Prozent des BIP. Damit liegt Deutschland in der Eurozone an der Spitze.

Europas größte Volkswirtschaft profitiert auch von den niedrigen Zinsen. Der Staat kommt dadurch am Kapitalmarkt billiger an Geld. Ein - wenn auch minimales - Minus hatte Deutschland zuletzt 2013 verbucht.

Ökonomen trauen der deutschen Wirtschaft auch im laufenden Jahr ein kräftiges Wachstum von mehr als zwei Prozent zu. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute sowie Bank-Volkswirte hatten zuletzt ihre Prognosen angehoben.