Deutsche reich wie nie - trotzdem viele Pleiten
Frankfurt/Berlin (dpa) - Die Deutschen sind so reich wie nie: Ungeachtet der Kursverluste an den Kapitalmärkten haben die Privatleute im vergangenen Jahr ihr Geldvermögen deutlich gesteigert, wie die Bundesbank am Donnerstag in Frankfurt berichtete.
Gleichzeitig lässt die Pleitewelle nicht nach: Trotz guter Wirtschaftslage werden in diesem Jahr erneut mehr Bürger Privatinsolvenz anmelden müssen. Damit rechnet der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) in Berlin.
Das private Geldvermögen wuchs laut Bundesbank um weit überdurchschnittliche 149 Milliarden Euro auf den Rekordwert von 4,715 Billionen Euro. Das ist weit mehr als das Doppelte der deutschen Staatsverschuldung von rund 2 Billionen Euro. Der stabile Arbeitsmarkt habe 2011 für hohe verfügbare Einkommen gesorgt, erklärten die Währungshüter den Trend. Als Geldvermögen werden Bargeld, Wertpapiere, Bankeinlagen, Sparbriefe oder Ansprüche gegen Versicherungen gezählt. Guthaben im Ausland oder Sachwerte wie Immobilien sind in der Statistik nicht abgebildet.
Zugleich sind aber viele Deutsche überschuldet. Jeder zehnte Erwachsene kann nach den Angaben des Inkasso-Verbandes von seinem Einkommen nicht dauerhaft Lebenshaltungskosten und Schuldentilgung bezahlen. Der Verband rechnet für dieses Jahr mit rund 105 000 Privatpleiten. Der bisherige Höchststand war 2010 mit 108 798 Fällen erreicht worden, 2011 waren es 103 289. Die Privatinsolvenz ermöglicht es den überschuldeten Verbrauchern, die Restschuld innerhalb von sechs Jahren loszuwerden.
Dem gesamten inländischen Geldvermögen der Deutschen konnte die Pleitewelle erneut nichts anhaben. Mit Ausnahme einiger krisenbedingter Dellen - zuletzt nach der Lehman-Pleite 2008 - häufen die Deutschen seit Jahrzehnten stetig mehr Geldvermögen an. Kurz nach der Wiedervereinigung hatte das Geldvermögen der privaten Haushalte einen Wert von 1,751 Billionen Euro, 2005 wurde die 4-Billionen-Marke geknackt. 2010 hatten die Vermögen mit einem Plus von 154 Milliarden Euro noch etwas stärker zugelegt als 2011.
Den größten Teil ihres Vermögenszuwachses vertrauten die Privatleute den Banken an, bei denen die Einlagen um 67 Milliarden Euro wuchsen. Wegen der Unsicherheiten an den internationalen Währungsmärkten bevorzugten die Anleger weiterhin täglich fällige Sichteinlagen, die um 40 Milliarden Euro zulegten.
Erstmals seit der Finanzmarktkrise im Herbst 2008 wuchs aber auch das Volumen der Termineinlagen und zwar um 18 Milliarden Euro. Hintergründe sind laut Bundesbank die wieder größere Zinsspanne im Vergleich zu den täglich fälligen Einlagen und die schwindende Rendite bei festverzinslichen Wertpapieren. Beliebter waren auch Aktien mit einem Plus von 14 Milliarden Euro, während Investmentzertifikate einen starken Abfluss von 15 Milliarden Euro verzeichneten.
Neben den Banken sind die Versicherungen die größten Verwalter und damit auch Nutznießer der sprudelnden Privatvermögen. Mit fast 1,4 Billionen Euro Ansprüchen der Versicherten ist ein Großteil des Geldes bei ihnen angelegt. Die Ansprüche insbesondere aus Lebensversicherungen wuchsen 2011 um 48 Milliarden Euro.
Zeitgleich mit den Vermögen stieg auch die private Verschuldung. Sie wuchs vor allem wegen erhöhter Baukredite um 21 Milliarden Euro auf 1,55 Billionen Euro. Die Verschuldungsquote gemessen am Bruttosozialprodukt ging aber um 1,6 Punkte auf 60,3 Prozent zurück. Die Privatleute konnten sich in der Gesamtheit die zusätzlichen Schulden also durchaus leisten.