Deutschland gegen Ausweitung des Rettungsschirms
Berlin (dpa) - Im Ringen um den Euro-Rettungsschirm zeichnet sich kein rascher Kompromiss ab. Während EU-Kommission und EZB für eine Ausweitung sind, sagen Kanzlerin und Finanzminister strikt Nein. Deutschland will den Notschirm lediglich effektiver machen.
Deutschland stemmt sich gegen Pläne von EU- Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) für einen größeren Euro-Rettungsschirm. „Es bleibt bei 750 Milliarden Euro, die von Europäern und IWF bereitgestellt werden“, betonte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor einem Treffen mit seinen Euro-Kollegen am Montag in Brüssel.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine Gesamtstrategie und warnte, bei der Euro-Rettung „jeden Tag einen weiteren Einzelaspekt hervorzuziehen“. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle hält den Notschirm für ausreichend. Die Bundestags-FDP verlangte aber von Schäuble, international keine Fakten zu schaffen, ohne das Parlament und den Koalitionspartner einzubeziehen.
Merkel sagte nach einer Klausur des CDU-Vorstands in Mainz: „Wenn es jetzt um ein weiteres Maßnahmenpaket geht in der Diskussion, ist vor allem wichtig, dass wir eine Gesamtstrategie entwickeln, die auf jeden Fall eine stärkere wirtschaftliche Koordinierung beinhalten muss.“ Dies müsse wohlüberlegt sein, „deshalb kann man jetzt nicht jeden Tag einen weiteren Einzelaspekt hervorziehen“.
Die Bundesregierung lotet Wege aus, um den 750-Milliarden-Notfonds schlagkräftiger zu machen. Diskutiert wird, die tatsächliche Kreditvergabe des im Frühjahr 2010 aufgelegten Rettungsfonds EFSF zu stärken. Der begibt Anleihen, für die die Euro-Länder bürgen. Das aufgenommene Geld wird dann an Krisenländer verliehen.
Der Fonds der Mitgliedsstaaten der Euro-Gruppe hat zwar ein Volumen von bis zu 440 Milliarden Euro. Den Rest stellen die EU selbst sowie der Internationale Währungsfonds (IWF). „Nach der Mechanik des Rettungsfonds kann diese Summe aber nicht vollständig in Form von Krediten ausgereicht werden, weil Kapitalreserven gebildet werden müssen, um das für die günstigste Finanzierung notwendige AAA- Rating zu erhalten“, sagte Schäuble der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Dieses Problem müssen und werden wir noch lösen. Das ändert aber nichts daran, dass das Gesamtvolumen des aktuellen Rettungsschirms bei 750 Milliarden Euro bestehen bleibt.“
Der Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses Volker Wissing (FDP) warnte Schäuble vor einem Alleingang ohne Beteiligung des Koalitionspartners. „Wenn es zu einer Ausweitung der Haftungsrisiken kommt, darf die Bundesregierung auf europäischer Ebene keine Fakten schaffen, ohne dass vorab die Bundestagsfraktionen damit befasst worden sind.“
Das Bundesfinanzministerium wies einen Bericht der Zeitung „Die Welt“ zurück, nach dem es zwischen Schäuble und Westerwelle Streit über den Rettungsschirm gibt. „Es besteht die gemeinsame klare Position innerhalb der Bundesregierung, dass das Gesamtvolumen des Rettungsschirms nicht vergrößert wird“, sagte eine Sprecherin. „Innerhalb des bestehenden Rahmen soll aber die Mechanik des Schirms verbessert und wirksamer gestaltet werden.“
Westerwelle sagte dem „Tagesspiegel am Sonntag“: „Wenn ein Schirm nur zu einem kleinen Teil genutzt worden ist, dann gibt es auch keine Veranlassung, über eine Ausweitung zu diskutieren.“ Es gebe keine Krise des Euro, sondern eine Schuldenkrise einiger Mitgliedsstaaten. Daher sollten auch die anderen EU-Staaten wie Deutschland eine Schuldenbremse in ihren Verfassungen verankern.
Die Finanzminister der 17 Euro-Länder wollen an diesem Montag über eine mögliche Verstärkung des bestehenden Rettungsschirms für hoch verschuldete Mitgliedsstaaten reden.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte sich dafür ausgesprochen, die „Ausleihkapazität“ und den Aktionsradius des Rettungsfonds rasch zu erweitern. Beim nächsten EU-Gipfel am 4. Februar könne ein Beschluss gefasst werden. Merkel hatte daraufhin deutlich gemacht, dies sei derzeit für sie kein Thema. Im „Spiegel“ verteidigte Barroso seinen Vorstoß: „Meine Aufgabe ist es, das Wohl Europas zu verteidigen.“ Er erwarte, „dass die führenden deutschen Politiker die Rolle der Kommission akzeptieren“.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet machte sich in der „Bild“-Zeitung erneut für eine schnelle Ausweitung des Fonds stark: „Die Regierungen brauchen einen wirkungsvollen Mechanismus, der hilfreich ist zur Sicherung von Finanzstabilität.“ Zuvor hatte er gefordert, den Schirm „quantitativ und qualitativ zu verbessern“.