Die Börsensteuer in der EU rückt näher
Elf Länder — darunter Deutschland — wollen vorangehen. Erlös bei 35 Milliarden Euro pro Jahr.
Brüssel. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta freute sich über eine nahende Weltpremiere. „Nun kann eine Börsensteuer in der EU Wirklichkeit werden — als weltweit erste regionale Finanztransaktionssteuer, in elf EU-Staaten“, jubelte er am Donnerstag über die Internet-Nachrichtenplattform Twitter.
Kurz zuvor hatte der Litauer Vorschläge gemacht, wie Wertpapier-Geschäfte von 2014 an möglichst breit besteuert werden können — zunächst in einem Teil Europas, darunter in Deutschland. Jährlich dürfte die neue Steuer insgesamt Erlöse von 30 bis 35 Milliarden Euro einbringen. Das Geld solle in die EU- und die Staats-Kassen fließen, regt die Kommission an.
Für Geschäfte mit Aktien und Anleihen (Schuldverschreibungen) sollen ab kommendem Jahr 0,1 Prozent Steuern fällig werden. Für Derivate — das sind spezielle Finanzprodukte — ist ein Steuersatz von 0,01 Prozent geplant.
Bürger müssen nach EU-Angaben nicht fürchten, dass ihre normalen Bank-Geschäfte künftig besteuert werden. Von der geplanten Finanztransaktionssteuer ausgenommen sind Verbraucher- und Unternehmens-Kredite, Versicherungsverträge oder Spargelder. Doch ganz ungeschoren kommen Verbraucher eventuell nicht davon.
Möglich ist, dass die Finanzbranche einen Teil der neuen Steuerlast auf die Kunden abwälzt. Zugleich sollen Pensionsfonds künftig Finanztransaktionssteuern zahlen. Sie seien wichtige Akteure an den Finanzmärkten und konkurrierten mit anderen Investmentfonds, betont die EU-Kommission.
Sie möchte die Finanzbranche an den Kosten der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise angemessen beteiligen. Die spekulationsfreudige Branche habe die Turbulenzen zwar mit ausgelöst, erklärt die EU-Kommission. Doch die Kosten zur Rettung von Europas Banken hätten vor allem Bürger und Staaten getragen. Zugleich wollen die Europäer Finanzmarkt-Zocker zähmen. Die Steuer solle „unverantwortlichen Handel“ eindämmen, sagt EU-Kommissar Semeta.
Nein, nur elf der 27 EU-Staaten. Der größte EU-Staat Deutschland zieht mit, ebenso Belgien, Estland, Griechenland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Spanien. Großbritannien mit Europas wichtigstem Finanzplatz London möchte nicht mitmachen. Die Briten fürchten, dass Finanzunternehmen abwandern. Allerdings erheben die Briten bereits eine eigene Steuer auf bestimmte Handelsgeschäfte.