Die Reimanns: Steinreich und scheu
Die deutsche Milliardärs-Familie greift nach dem US-Kosmetikriesen. Doch wer steckt hinter dem Angebot?
Ludwigshafen. Die Geschichte einer der reichsten und gleichzeitig verschwiegensten deutschen Familien beginnt 1851 mit einer Chemiefabrik: Ludwig Reimann und sein Kompagnon Johann Adam Benckiser stellen in Ludwigshafen Weinsteinsäure und andere Chemikalien her. Der Grundstein für ein Firmenimperium ist gelegt. Das Imperium der Familie Reimann.
Und eben diese Reimanns, die zurückgezogen im Rhein-Neckar-Raum leben, greifen nach dem amerikanischen Kosmetik-Direktvertrieb Avon. Zehn Milliarden Dollar (7,5 Milliarden Euro) wollen sie sich den Coup kosten lassen. Avon sträubt sich zwar und sagt, der Preis sei zu niedrig. Doch die Reimanns könnten noch nachlegen.
Die Erben der Gründer sind steinreich. In der Liste der 500 reichsten Deutschen des „Manager Magazins“ stehen sie auf Platz sechs mit einem geschätzten Vermögen von acht Milliarden Euro. Doch wie viele Milliardäre scheuen die Reimanns das Licht der Öffentlichkeit. Es ist kaum etwas über sie bekannt. Vier Adoptivkinder erbten einst die Anteile.
Heute hält die Familie gut 15 Prozent am börsennotierten Konsumgütermulti Reckitt Benckiser, der das Gesichtswasser Clerasil, das Geschirrspülmittel Calgonit oder Kukident-Haftcreme herstellt. Der Clan steht auch hinter dem Luxusmarken-Sammelsurium Labelux und dem Parfümkonzern Coty, der Düfte wie Davidoff und Calvin Klein vertreibt.
Coty ist jenes Unternehmen, über das die Reimanns nun Avon übernehmen wollen. Mit dem milliardenschweren Angebot hat sich die Familie diese Woche ins öffentliche Interesse gerückt. Selbst der „New York Times“ waren die Reimanns und ihr Familienimperium einen Bericht wert.
Die Reimanns zählen zwar zu den reichsten Bürgern Deutschlands, doch führen sie ein eher zurückgezogenes Leben. In ihrer Heimat — der Region mit den Städten Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg — fallen sie nicht mit großen Empfängen oder pompösen Auftritten auf. Mehrere Angehörige des Clans engagieren sich sozial und sind als Stifter präsent.
Diese Scheu vor der Öffentlichkeit gilt auch fürs Geschäft, das die Familie Reimann lieber außenstehenden Managern überlässt. Die Fäden laufen in der Holding Joh. A. Benckiser zusammen, die von Peter Harf geführt wird. „Stabilität finden wir gut“, sagte Harf vor eineinhalb Jahren in einem seiner seltenen Interviews. Nicht viele verschiedene Objekte, sondern eine Investition alle paar Jahre sei die Linie, die die Reimanns verfolgen wollten. Ein Erfolg bei Avon würde zu dieser Strategie passen.