Diesel-Gipfel: Mittwoch wird ein harter Tag für die Autokonzerne

Der Regierung reicht ein billiges Software-Update allein nicht. Die zwischenzeitlich ins Gespräch gebrachten Kaufprämien sind vom Tisch.

Schwierige Zeiten für die Autokonzerne. Beim Diesel-Gipfel wird es ernst. (Symbolfoto)

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Berlin. Trotz des Wahlkampfes und trotz des Streits um die Rolle des Verkehrsministeriums und das Kraftfahrt-Bundesamtes: In den Diesel-Gipfel am Mittwoch geht die Regierung mit einer einheitlichen und schon weitgehend abgestimmten Linie, wie unsere Redaktion erfuhr. Die Träume der Autokonzerne, mit einem billigen Software- Update davon zu kommen, werden wohl nicht wahr werden.

Einzelheiten wurden am Montag noch nicht bekannt, doch konnte man Äußerungen in den federführenden Ressorts von Barbara Hendricks (Umwelt, SPD) und Alexander Dobrindt (Verkehr, CSU) entnehmen, dass die Bundesregierung von den Herstellern am Mittwoch Angebote hören will, die über die bisherigen Zusagen hinausgehen. Dazu müssten neben den von der Industrie schon vorgeschlagenen Korrekturen an den Software-Programmen auch Nachrüstungen gehören, hieß es. Beides müsse die Industrie auf ihre Kosten erledigen, „das ist klar“, so ein Ministerialer.

Länger diskutiert wurde zwischen beiden Ministerien offenbar über den Umfang dieser Nachrüstpflicht. Das Angebot müsse, hieß es, so umfassend sein, dass Fahrverbote vermieden werden könnten. Dies könne man den Herstellern gleichwohl nicht garantieren, da solche Fahrverbote letztlich Sache der Kommunen seien, deren Spielraum dafür nach den jüngsten Urteilen immer enger werde. Doch hätten die Konzerne bei einem überzeugenden Angebot bessere Chancen, dass die Gerichte Fahrverbote für entbehrlich halten könnten, so Regierungskreise.

Das Kalkül der Industrie, nur mit einem Software-Update für die rund neun Millionen betroffenen Diesel-Fahrzeuge davon zu kommen, ist damit obsolet. Es hätte rund 100 Euro pro Fahrzeug gekostet, aber nur einen kleinen Teil des Stickoxids eliminiert. Eine umfassende Nachrüstung kommt pro Auto hingegen auf etwa 1500 Euro und würde insgesamt bis zu 13 Milliarden Euro kosten. Sie forderten die Deutsche Umwelthilfe, die mit weiteren Klagen drohte, und die Grünen. Deren Vorsitzende Simone Peter sagte unserer Redaktion, die Hersteller seien in der Pflicht, die Fahrzeuge auf ihre Kosten nachzurüsten. Nur so könnten Fahrverbote verhindert werden, die auch die Grünen nicht anstrebten.

Ein gemeinsamer Beschlussvorschlag der Ministerien für den Gipfel wurde dem Vernehmen nach bereits am Montag zur Stellungnahme an die Länder geschickt, von denen einige Ministerpräsidenten an dem Treffen teilnehmen werden — solche, die eine Automobilindustrie haben und solche, die als Stadtstaaten mit den hohen Stickoxidwerten kämpfen. Außerdem soll auf dem Gipfel darüber geredet werden, wie die Debatte um die Mobilität der Zukunft und die E-Autos weitergeht. Die Grünen regten am Montag dazu an, eine „Zukunftskommission“ unter Leitung von Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) einzusetzen, die Vorschläge für eine konsequente „Verkehrswende“ machen solle.

De facto vom Tisch ist die Idee der Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und Stephan Weil (SPD), der Industrie durch eine staatliche Förderung beim Verkaufs von relativ sauberen Diesel-Motoren der Euro-6-Norm unter die Arme zu greifen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ verlauten, er halte Kaufanreize „nicht für sinnvoll“ und die Debatte um eine steuerliche Förderung für verfrüht. Umweltministerin Hendricks hatte zuvor bereits erklärt, dass sie eine auslaufende Technik wie den Dieselmotor nicht subventionieren wolle.

Politischen Streit gibt es um Verkehrsminister Dobrindt und das ihm unterstehende Kraftfahrt-Bundesamt. Oliver Krischer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, nannte beide „Schutzpatrone der Trickser und Betrüger“. Anlass ist eine Meldung, wonach das Amt auf Intervention von Porsche einen Untersuchungsbericht zu Diesel-Abgasen abgemildert habe.

Das Verkehrsministerium widersprach dieser Darstellung. Dobrindts Ministerkollegin Brigitte Zypries (SPD) forderte von ihm gleichwohl Aufklärung, und zwar „noch vor dem Autogipfel.“ SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz schlug die Aufteilung und Neuorganisation des Kraftfahrtbundesamtes vor und sprach von einer „absurden Kumpanei“ mit den Herstellern. Schulz griff auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an: „Es ist unerträglich, dass Frau Merkel dem Treiben von Herrn Dobrindt und seiner Behörde seit Monaten tatenlos zuschaut", sagte der SPD-Chef.

Die Kanzlerin selbst wird an dem Gipfel nicht teilnehmen, sondern lässt sich durch den Staatsminister im Kanzleramt, Helge Braun (CDU) ,vertreten. Aus dem Urlaub ließ Merkel erklären: „Wir brauchen eine starke und innovative, aber auch ehrliche Autoindustrie.“