DIHK: Jede zweite Ost-Firma sieht Mindestlohn als „Job-Bremse“
Berlin (dpa) - Der im Januar eingeführte Mindestlohn entwickelt sich nach Ansicht der Wirtschaft vor allem in Ostdeutschland zu einer „Job-Bremse“. Steigende Lohnkosten sind für jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) im Osten mittlerweile das größte Geschäftsrisiko.
Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter bundesweit 27 000 Betrieben hervor.
Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde bringe gerade im Osten das Lohngefüge durcheinander. Dies führe dazu, dass trotz höheren Wirtschaftswachstums weniger neue Stellen entstünden: „Hier entsteht so etwas wie eine Job-Bremse“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Mittwoch in Berlin.
Im laufenden Jahr werde die Wirtschaft etwa 200 000 neue Stellen schaffen. „Es könnte mehr sein, wenn der Mindestlohn nicht da wäre.“
Die Wirtschaft hadert seit langem mit dem Mindestlohn, den die große Koalition aus Union und SPD zum 1. Januar 2015 einführte. Einen Nachweis für die Behauptung, die Lohnuntergrenze vernichte massenhaft Stellen, sind die Wirtschaftsverbände bisher aber schuldig geblieben. Die Gewerkschaften sprechen von Panikmache. Der Mindestlohn stärke vielmehr Kaufkraft und Konsum, argumentiert der DGB.
Auch die neue DIHK-Studie spiegelt lediglich „gefühlte Probleme“ der Unternehmen wider. Dass die Lohnkosten in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen sind, liegt überwiegend an den Tarifabschlüssen.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg erwartet, dass belastbare Erkenntnisse über die Folgen des Mindestlohns erst 2016 vorliegen werden. Nur in der Taxibranche sei die Zahl der Arbeitssuchenden zuletzt schon sprunghaft gestiegen.
Laut DIHK klagen aber auch Einzelhandel, Gastgewerbe, Reinigungsdienste, Friseursalons oder Solarien über höhere Lohnkosten und wollen weniger einstellen. Einen Ansturm erlebten die Industrie- und Handelskammern wegen bürokratischer Probleme beim Mindestlohn. Die Regierung hat zugesagt, die Beschwerden zu prüfen.
Grundsätzlich rechnet der DIHK dank des niedrigen Ölpreises, des schwachen Euro und der Mini-Zinsen in diesem Jahr mit einem etwas stärkeren Wachstum. Diese drei Sonderfaktoren seien „Doping für die Wirtschaft“. Der Verband hob seine Wachstumsprognose für 2015 von 0,8 auf 1,3 Prozent an.
Von einem echten Aufschwung könne aber keine Rede sein. So bewerten die Betriebe ihre Geschäftsaussichten derzeit ähnlich verhalten wie im Herbst. Das wirkt sich auf die Investitionen aus. „Die Unternehmen wissen nicht, ob sie dem Braten trauen können“, meinte Wansleben.