DIW korrigiert Wachstumsprognose nach unten
Berlin (dpa) - Die Krise im Euroraum entfaltet nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine größere Bremswirkung auf die Konjunktur in Deutschland als zunächst erwartet.
Für 2013 rechnet das DIW nun mit 1,9 Prozent Wirtschaftswachstum und damit mit einen halben Prozentpunkt weniger als noch im April veranschlagt. Für 2012 bleibt es bei der Frühjahrsprognose von einem Prozent. Die schwache konjunkturelle Entwicklung werde in diesem Jahr vorübergehend einen leichten Rückgang der Beschäftigung zur Folge haben, sagte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner am Mittwoch in Berlin. Die Arbeitslosenquote werde 2012 und im nächsten Jahr bei knapp sieben Prozent liegen.
„Der Euroraum ist derzeit in massiver Rezession“, sagte Fichtner. Nach DIW-Einschätzung wird die Konjunktur in Deutschland deshalb im Sommerhalbjahr spürbar schwächeln, eine Rezession sei aber nicht zu erwarten. „Die deutsche Binnenwirtschaft läuft gut“, sagte der DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. Antreiber sei der private Konsum, angeregt durch Lohnzuwächse bei zurückgehender Inflation.
Das DIW ist etwas optimistischer als das ifo Institut, das vor gut einer Woche seine Prognose vorgelegt hatte. Die Münchner rechnen in diesem Jahr mit 0,7 Prozent Wachstum nach 3,0 Prozent im vergangenen Jahr. Für 2013 werden 1,3 Prozent erwartet.
Die Nachfrage nach deutschen Produkten aus dem Euroraum und anderen Industrieländern wird laut DIW-Prognose vorerst schwach bleiben. Nur in Schwellenländern wie China und Brasilien werde die Konjunktur aufgrund einer expansiveren Geld- und Finanzpolitik in der zweiten Jahreshälfte 2012 allmählich wieder anziehen. Dies dürfte von der Jahreswende 2012/13 an auch dem deutschen Export wieder Zuwächse bescheren, meinte Fichtner.
Das DIW erwartet nicht, dass die jüngsten Gipfelbeschlüsse der Euro-Staaten zur Krisenbewältigung die Finanzmärkte beruhigen. Die politischen Konflikte bei der Umsetzung ließen dies nicht erwarten. Im Grundsatz wurden die Beschlüsse vom DIW begrüßt, etwa die Möglichkeit direkter Hilfen für marode Banken aus den Rettungsfonds der Staatengemeinschaft. Staatliche Rettungsschirme für Banken dürften aber nur letztes Mittel sein. „Bevor eine Bank Hilfe vom Steuerzahler erhält, sind erst mal Eigentümer und Gläubiger in der Pflicht“, sagte Fichtner.
Kritisch sehen die DIW-Forscher die bisherigen Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung des Bundes. Aus ihrer Sicht würden es die Konjunktur und Konjunkturerwartung zulassen, noch weniger neue Schulden aufzunehmen als geplant.