EADS kann in neue Ära starten: Aktionäre bewilligen Umbau

Amsterdam (dpa) - Aufbruch in eine neue Ära für EADS: Europas größter Luftfahrt- und Rüstungskonzern wird durch einen Umbau weniger abhängig von der Politik. Eine außerordentliche Hauptversammlung bewilligte den Plan für eine weitreichende Änderung der Führungs- und Aktionärsstruktur.

Das Unternehmen steht nach Einschätzung von EADS-Chef Thomas Enders durch die Verringerung des Staatseinflusses vor den größten Veränderungen in seiner jungen Geschichte. Vor allem am Widerstand der deutschen Bundesregierung war im vergangenen Jahr die geplante Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems gescheitert. Das britische Unternehmen und die Airbus-Mutter wollten sich zum weltweiten Branchenführer zusammenschließen.

Grundlage des jetzt beschlossenen Umbaus ist eine bereits im Dezember getroffene Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich und Spanien. Die Länder garantieren darin, ihren gemeinsamen Stimmrechtsanteil künftig unter 30 Prozent zu halten. Sensible militärische Programme werden in nationale Tochtergesellschaften von EADS ausgegliedert. Dies soll die speziellen Sicherheitsinteressen Deutschlands und Frankreichs schützen.

„Das ist ein sehr wichtiger Meilenstein für das Unternehmen. (...) Wir sind heute in der Lage, eine neuen Abschnitt zu beginnen und ein viel normaleres Unternehmen zu werden als wir es vorher waren“, kommentierte EADS-Chef Enders nach dem Beschluss der Hauptversammlung. Die Unabhängigkeit und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit des im Jahr 2000 gegründeten Konzerns werde gestärkt.

Über seine langfristigen Zukunftspläne für EADS will Enders voraussichtlich im Sommer reden. „Wir sind nicht in Eile. (...) Das Unternehmen ist in ziemlich guter Verfassung“, kommentierte er. Spektakuläre Entwicklungen seien nicht zu erwarten. Wenig rosig sind allerdings die Aussichten für das Militärgeschäft. „Ich denke, in diesem Jahrzehnt wird das Verteidigungsgeschäft in Europa und Nordamerika nicht wachsen“, sagte Enders. „Wir haben mit dieser Situation klarzukommen.“

Eingeläutet wurde die am Mittwoch beschlossene Neuordnung durch Ankündigungen der privaten Großaktionäre Daimler und Lagardère, sich aus dem EADS-Kapital zurückzuziehen. Der deutsche Autokonzern und die französische Mediengruppe waren maßgeblich an dem bisherigen Aktionärspakt zur Beherrschung des Unternehmens beteiligt. Dieser war ausgehandelt worden, um das deutsch-französische Machtgleichgewicht im Unternehmen zu gewährleisten.

Nach der geplatzten Fusion zwischen EADS und BAE Systems wurde im vergangenen Dezember eine schnelle Auflösung des bisher gültigen Pakts beschlossen. Die neue Einigung sieht im Kern vor, dass Lagardère und der deutsche Daimler-Konzern ihre EADS-Anteile komplett verkaufen können, ohne dass das Machtgleichgewicht zwischen deutscher und französischer Seite beeinträchtigt wird. Der deutsche Staat wird dazu selbst Großaktionär. Er wird wie Frankreich künftig zwölf Prozent halten, Spanien vier Prozent.

„Ich begrüße diesen klaren Beschluss hin zu einer stärkeren marktwirtschaftlichen Ausrichtung des Unternehmens ausdrücklich“,
kommentierte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Die Beschlüsse seien eine gute Grundlage für die Fortsetzung der erfolgreichen europäischen Partnerschaft in diesem Hochtechnologiesektor.

EADS will im Rahmen des Umbaus bis zu 15 Prozent des ausstehenden EADS-Aktienkapitals zu einem Preis von bis zu 50 Euro pro Anteilsschein zurückkaufen und die Aktien dann einziehen. Die verbleibenden Aktionäre würden dann von der Steigerung des Gewinns je Aktie profitieren. Die Menge der Aktien, die nicht in fester Hand sind, sondern am Markt gehandelt werden, wird den Plänen zufolge von zuletzt rund 55 auf 72 Prozent steigen. Der EADS-Kurs war in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, am Mittwoch bei schwächerer Börsentendenz gefallen.

Bei Daimler fällt wegen der Auflösung des bisherigen Aktionärspaktes eine Neubewertung der EADS-Anteile an. Durch den momentan höheren Börsenkurs ergebe sich ein Ergebnisplus vor Steuern und Zinsen von rund 2,7 Milliarden Euro, teilte das Unternehmen mit. Zu Buche schlage das allerdings erst im zweiten Quartal, wenn der Aktionärspakt endgültig aufgelöst sei.

Neben den Änderungen der Satzung bestätigten die Aktionäre die Mitglieder des neuen Verwaltungsrats. Als Vorsitzender des mächtigen Gremiums soll künftig der frühere Chef des französischen Rüstungs- und Elektronikkonzerns Thales, Denis Ranque (61), fungieren. Deutsche Verwaltungsratsmitglieder sind Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff, Ex-BDI-Chef Hans-Peter Keitel sowie EADS-Vorstandschef Thomas Enders und Hermann-Josef Lamberti, der lange im Vorstand der Deutschen Bank saß.