Mehr Sprotte, weniger Hering Einigung auf Ostsee-Fangquoten 2018

Luxemburg (dpa) - Dorsch, Hering, Sprotte: Die EU-Staaten haben über die jährlichen Fischfangquoten für die Ostsee verhandelt. Dabei wurde um jedes Prozent gerungen.

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Diesmal sorgte außerdem der Aal für Diskussionen. Die EU-Kommission plädiert für ein Fangverbot des beliebten Speisefischs in der Ostsee, die Staaten wünschen sich aber eine gesamteuropäische Lösung. Ein Überblick:

Was ist eine Fischfangquote?

Mit den sogenannten zulässigen Gesamtfangmengen wird festgelegt, wie viel Fisch in einem bestimmten Jahr gefangen werden darf. Gerechnet wird je nach Fischart in Tonnen, manchmal auch in Stückzahlen einzelner Fische.

Die Vorschriften gelten dann jeweils für bestimmte Fischbestände. Ein Bestand ist eine Fischart in einem bestimmten Meeresgebiet. Unter den EU-Staaten werden die Gesamtfangmengen dann in Form nationaler Quoten aufgeteilt. Wenn das erlaubte Kontingent ausgeschöpft wurde, muss das jeweilige Land seinen Fischfang vorübergehend einstellen.

Wie werden die Fischquoten bestimmt?

Die EU-Kommission schlägt den EU-Ländern jedes Jahr konkrete Quoten vor. Dies geschieht auf Grundlage von Empfehlungen wissenschaftlicher Gremien. Die Entscheidung treffen letztendlich die Minister der EU-Staaten. Länder mit großen Flotten kämpfen dabei in der Regel für hohe Quoten.

Was haben die EU-Staaten diesmal beschlossen?

Die für deutsche Fischer wichtigen Dorsch-Fangmengen in der westlichen Ostsee nahe der deutschen Küste bleiben im kommenden Jahr unverändert. Die Quoten für Hering in der mittleren Ostsee (+20 Prozent) und für Sprotte in der gesamten Ostsee (+1 Prozent) wurden erhöht. Gesenkt wurden hingegen die erlaubten Mengen für Scholle (-10 Prozent) und Lachs (-5 Prozent) in der gesamten Ostsee. Problematisch für die deutschen Fischer ist noch die Entscheidung, die Quote für den westlichen Heringsbestand um 39 Prozent zu senken. Die EU-Kommission hatte hier noch deutlichere Einschnitte gefordert.

Was sagen Umweltschützer dazu?

Die diesjährigen Entscheidungen zum Dorsch und zum Hering seien ein guter Schritt, sagt die Fischereiexpertin der Naturschutzorganisation WWF, Stella Nemecky. Sie genügten aber nicht, um bis 2020 gesunde Bestände zu erreichen. Der Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack sagt: „Die EU-Fischereiminister erlauben auch im kommenden Jahr zu hohe Fangmengen und verschärfen damit die Überfischung in der Ostsee. So werden sich die Dorschbestände nicht erholen können. Erneut beugen sich die Minister den kurzsichtigen Interessen der Fischereiindustrie und ignorieren wissenschaftlich empfohlene Höchstmengen.“

Gibt es noch andere Bestimmungen?

Die EU-Kommission hatte diesmal noch ein Aalfang-Verbot in der Ostsee gefordert, weil aus ihrer Sicht die Bestände zu niedrig sind. Die zuständigen Minister folgten diesem Vorstoß der Brüsseler Behörde allerdings nicht. Es gebe Einverständnis darüber, dass zum Schutz des Aals Maßnahmen getroffen werden müssten, sagte der estische Minister Siim Kiisler. Estland hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne. Allerdings solle es eine gesamteuropäische Lösung geben, bei der auch Binnengewässer mit einbezogen würden. Dies soll im Dezember im Kreis der Fischereiminister besprochen werden.

Wäre das denn nötig?

Klar ist: Dem Aal geht es schlecht. Dabei gleicht der bis zu 80 Zentimeter lange Fisch einem biologischen Wunder. Er schwimmt im Laufe seines Lebens rund 14 000 Kilometer durch den Atlantik und wechselt in einem komplexen Zyklus vom Salz- ins Süß- und zurück ins Salzwasser.

Eine detaillierte Abschätzung der Bestandsgröße des beliebten Speisefisches sei nicht möglich, sagt Experte Reinhold Hanel vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Hamburg. Alarmierend sei jedoch, dass nach der Reise aus dem Laichgebiet in der Sargassosee südlich von Bermuda aktuell nur bis zu fünf Prozent der Menge der Jungaale verglichen mit den 1980er Jahren in Europa ankommen.

Liegt das am Aalfang?

Es sei die Summe der Einflussfaktoren, sagt Hanel. „Die Klimaveränderung und damit verbundene Einflüsse auf Strömungen und Nahrung im Atlantik sind mögliche Faktoren“. Aber sobald die Jungaale nach ihrer Wanderung im Meer an den europäischen Küsten ankommen, werden sie in vielen Regionen als Glasaale befischt, um europaweit als Besatzaale wieder freigesetzt zu werden.

Die Aale, die es in die Flüsse schaffen, müssen sich mit Kraftwerken oder mit chemischen Belastungen auseinandersetzen. Nach 12 bis 15 Jahren machen sich die Tiere wieder auf den Weg zurück in die Sargassosee. Viele werden in Wasserkraftturbinen gehäckselt. Es gibt nur grobe Schätzungen, wie viele weibliche Tiere es als erwachsene Aale aus den Zuflüssen in die Ostsee schaffen. „Doch dort sind sie jedenfalls nicht sicher“, sagt Hanel. Denn vor allem dänische und schwedische, aber in geringerem Ausmaß auch deutsche Küstenfischer freuen sich, wenn die Tiere in ihren Netzen zappeln.

Der Internationale Rat für Meeresforschung empfiehlt seit langem, die Sterblichkeit von Aalen im gesamten Verbreitungsgebiet zu senken. Das ist einer der Gründe, warum die EU-Kommission bereits von allen Mitgliedsstaaten Aal-Bewirtschaftungspläne verlangt. „Die nationalen Managementpläne bedürfen einer internationalen Koordinierung“, meint allerdings Experte Hanel.