Elementärschäden: Zwangspolice für alle Hausbesitzer?

Die Pflicht zum Abschluss einer Versicherung gegen Naturkatastrophen könnte das Risiko auf viele Schultern verteilen.

Düsseldorf. „Die Kosten für den Versicherungsschutz bleiben nur dann erträglich, wenn sich alle Grund- und Immobilienbesitzer an den Kosten der Bewältigung von Naturgefahren beteiligen.“ Das forderte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bereits im Sommer, um die Folgen von Hochwassern im Griff zu behalten.

Gert G. Wagner weiß, wie viel Widerstand es bei diesem Thema gibt. Das DIW-Vorstandsmitglied gegenüber unserer Zeitung: „Ob und wie ernsthaft die Politik das Thema Elementarschadenversicherung weiter verfolgt, werden wir erst nach den Koalitionsverhandlungen wissen.“ Wagner appelliert, dass nicht nur über technischen Schutz nachgedacht werden müsse, sondern auch an eine Absicherung von Schäden durch Versicherungen: „Wir stehen vor einer Situation wie vor 150 Jahren im Bereich des Sozialen: zunehmende persönliche Risiken hatten dazu geführt, dass die Sozialversicherungen eingeführt wurden. Eine solche Grundsatzentscheidung steht jetzt bei Elementarschäden an.“

Das Hochwasser im Frühsommer hat gezeigt, wie schlecht die Menschen finanziell gegen solche Schäden abgesichert sind. Auch die acht Milliarden Euro Fluthilfe, die Bund und Länder zur Verfügung stellten, konnten längst nicht allen helfen. Bundesweit haben nur etwa 32 Prozent der Hauseigentümer eine Elementarschadensversicherung, durch die nicht nur wie bei einer normalen Gebäudeversicherung Feuer- oder Leitungswasserschäden abgedeckt sind, sondern auch Schäden aufgrund von Naturkatastrophen.

Doch die Versicherungsbranche ist gegen eine solche Pflichtversicherung. Der Gesamtverband der Versicherer argumentiert: Wären alle über eine Versicherungspflicht versichert, so würden Anreize für öffentliche Schutzmaßnahmen in Gefahrenzonen auf der Strecke bleiben, weil im Schadensfall ja immer gezahlt werde. Und das führe dazu, dass weiter in hochwassergefährdeten Gebieten gebaut werde. Die Folge: Es entstehe eine Spirale aus zunehmenden Schäden und höheren Kosten, die die Prämien stetig steigen ließe.

Auch die Politik reagiert bislang zurückhaltend. Eine Sonder-Umweltministerkonferenz Hochwasser forderte lediglich, dass „Vorschläge für eine größere Verbreitung von Elementarschadensversicherungen geprüft werden“. Von Zwang oder Pflicht war nicht die Rede.

Christian Wirth, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Berlin und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein, ist ebenfalls skeptisch: „Eine Pflichtversicherung hieße, dass es einen Annahmezwang für Versicherer gäbe. Ohne staatliche Absicherung kann ein solch hohes Schadensrisiko aber nicht gestemmt werden.“ Auch würde eine solche Pflichtversicherung nach seiner Einschätzung die Bürokratiekosten erhöhen und die Prämien hochtreiben.