Gewinn bricht ein Ende eines Mythos? Airbus streicht A380-Produktion zusammen
Toulouse (dpa) - Der weltgrößte Passagierjet A380 wird für Airbus zu einer immer herberen Enttäuschung. Weil Airlines den Flieger nicht mehr bestellen, streicht der Hersteller die Produktion ab 2019 auf acht Maschinen pro Jahr zusammen.
Konzernchef Tom Enders rechnet kaum noch damit, dass in diesem Jahr eine Fluggesellschaft die Maschine bestellt. Dabei gilt der Flieger als ausgereift.
Der Manager versucht gar nicht erst, den Niedergang beim A380 schönzureden. „Die Lage ist nicht angenehm. Wir treffen die notwendigen Entscheidungen“, sagte er.
Hatte Airbus im vergangenen Jahr noch 28 Exemplare der A380 ausgeliefert, sollen es in diesem Jahr nur noch 15, im kommenden 12 und ab 2019 nur noch acht Maschinen pro Jahr sein. „Wir sind zuversichtlich, das Flugzeug mit dieser Produktionsrate ins nächste Jahrzehnt zu bringen“, sagte Enders.
Airbus steht mit dem Zusammenstreichen der Produktion seines größten Modells nicht allein. Rivale Boeing baut von seinem riesigen Jumbo-Jet sogar nur noch 6 Maschinen pro Jahr - und diese praktisch nur noch in der Frachtversion.
Enders zufolge spricht Airbus zwar mit mehreren Airlines über mögliche A380-Aufträge. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge sollen darunter Emirates, die British-Airways-Mutter IAG, die japanische All Nippon Airways (ANA) und Thai Airways sein. Doch er hält eine schnelle Unterschrift für „unwahrscheinlich“. Falls es doch zu einem Großauftrag komme, könne Airbus die Produktion ja wieder etwas hochfahren. Bei so geringen Absatzzahlen legt Airbus Geld drauf. Das hält das Management aber für verkraftbar. Die Verluste beim A380 seien marginal, ließ Finanzchef Harald Wilhelm wissen.
Der wichtigste Grund, weiterhin an den A380 zu glauben, ist für Airbus das anhaltende Wachstum des Flugverkehrs. Derzeit setzen Airlines bei ihren Langstreckenflotten meist auf normalgroße Großraumjets wie den Airbus A350 und Boeings 787 „Dreamliner“, die sich auf einer Vielzahl von Routen rentabel einsetzen lassen. Die A380 rentiert sich mit ihren typischerweise 544 Sitzplätzen nur auf Verbindungen zwischen großen Metropolen.
Verkaufschef John Leahy (66), der nach 23 Jahren auf seinem Posten seinen Abschied angekündigt hat, glaubt jedoch, dass die wachsenden Passagierzahlen über kurz oder lang nur mit Riesenfliegern wie der A380 zu bewältigen sind. „Der Passagierverkehr wird sich alle 15 Jahre verdoppeln, aber wir können nicht so viele Flughäfen bauen“, stellte er vor wenigen Wochen klar. Auf der Pariser Luftfahrtmesse präsentierte Airbus eine aufgewertete „A380plus“. Sie soll dank einer veränderten Kabine 80 Fluggäste mehr fassen und dank riesiger abgeknickter Flügelspitzen weniger Sprit verbrauchen.
Beim modernisierten Mittelstreckenjet A320neo sorgen hingegen Triebwerksprobleme für Dauerfrust - und werfen Airbus bei den Auslieferungen zurück. Die geplante Auslieferung von 200 „neos“ sei in diesem Jahr nur zu schaffen, wenn die Triebwerksbauer ihre Verpflichtungen einhielten, sagte Enders. Damit wackelt auch das Ziel, insgesamt rund 720 Verkehrsjets an Kunden zu liefern. Schon 2016 musste Airbus den Großteil der „neo“-Auslieferungen ans Jahresende verschieben, für 2017 sieht es ähnlich aus. Von Januar bis Juni hat der Hersteller erst 59 „neo“-Maschinen übergeben.
Die Hauptschuld gab Enders dem Triebwerksbauer Pratt & Whitney (P&W), der mit Partnern wie der Münchner MTU für rund die Hälfte der „neo“-Antriebe verantwortlich zeichnet. Nachdem die P&W-Antriebe 2016 mit Hitzeproblemen zu kämpfen hatten, bereiteten jetzt unter anderem die Brennkammer und eine Luftdichtung Probleme. Laut Finanzchef Wilhelm stehen 30 bis 35 „neo“-Jets vor den Werkshallen und warten auf ihre Triebwerke.
Auch wegen der Auslieferungsprobleme musste Airbus im zweiten Quartal bei Umsatz und Gewinn Federn lassen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank der Umsatz um fünf Prozent auf 15,7 Milliarden Euro. Der um Einmaleffekte bereinigte operative Gewinn (Ebit) brach um 27 Prozent auf 859 Millionen Euro ein. Unter dem Strich sank der Überschuss um 34 Prozent auf 895 Millionen Euro. Die Airbus-Aktie war am Donnerstagmittag mit einem Minus von mehr als drei Prozent größter Verlierer im deutschen MDax und im französischen Leitindex CAC-40.
Zum Gewinnrückgang trugen auch weitere Mehrkosten beim problembehafteten Militärtransporter A400M bei. Nachdem in den vergangenen Jahren bereits Mehrkosten von sieben Milliarden Euro aufgelaufen sind, kamen nun weitere 70 Millionen hinzu. Airbus versucht in Verhandlungen mit Käufern wie Deutschland und Frankreich sowie der europäischen Beschaffungsbehörde Occar, weitere Risiken und Mehrkosten bei dem Flugzeugtyp zu begrenzen. Enders berichtete von „konstruktiven Gesprächen“, wollte aber keine Details nennen.