Energieriese RWE kommt nicht aus der Krise
Erstmals seit 60 Jahren wird der Essener Konzern einen Verlust machen. Die Summe: rund drei Milliarden Euro.
Essen. RWE präsentiert sich gern als Vorreiter der Energiewende. Mit dem sprachlich etwas holprigen Slogan „VoRWEggehen“ wirbt der Energiekonzern für Windräder und intelligente Stromzähler. Tatsächlich hat die Energiewende aber kaum ein Unternehmen so hart getroffen wie die Essener.
Mit seiner Bilanz für 2013, die kommenden Dienstag vorgestellt wird, stürzt der Versorger nach Medienberichten durch hohe Abschreibungen vor allem auf die konventionellen Kraftwerke um drei Milliarden ins Minus. Der erste Netto-Verlust seit rund 60 Jahren. Und ein schnell durchschlagendes Zukunftsmodell ist nicht erkennbar.
Viel zu lange habe der Versorger unter der Führung des Ex-Vorstandschefs Jürgen Großmann auf Atomkraft und konventionelle Großkraftwerke gesetzt, bemängeln Kritiker. Die Verschuldung habe der Konzern nicht konsequent genug angepackt. Jetzt fehlt RWE die Finanzkraft für einen harten Kurswechsel auf dezentrale und grüne Technik wie Mini-Kraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Denn diese bringen viel langsamer Ertrag als die alten Kohle- und Atomkraftblöcke. Und die Schulden von gut 30 Milliarden Euro drohen RWE die Luft abzudrücken.
Die konventionelle Erzeugung machte 2012 noch rund die Hälfte der RWE-Erträge aus. Da Zuschüsse über die EEG-Umlage Strom aus Wind und Sonne aber so günstig machen, ist der Strompreis an der Börse enorm unter Druck geraten. Statt 50 bis 55 Euro pro Megawattstunde erwirtschaften die Kraftwerke gerade einmal gut 35 Euro — viel zu wenig, um den Konzern in der Zeit des teuren Technologiewandels über Wasser zu halten. Die Situation könnte sich im Laufe des Jahres und 2015 sogar noch verschärfen, wenn langfristige Kontrakte mit derzeit noch akzeptablen Preisen auslaufen.
Hart gekürzt wird bei RWE daher am Personal und an den Investitionen: bis 2016 um zwei Milliarden Euro — sogar bei den Erneuerbaren Energien. Fehlenden Mut, vielleicht fehlende Ideen, auf jeden Fall aber fehlendes Geld beklagen Analysten. Auch für die Zeit nach 2015 seien keine großen Verbesserungen zu erwarten, heißt es etwa von der Schweizer Großbank UBS.
Die Situation scheint verfahren. Das könnte dem Ruf nach Rettung durch die Politik neuen Auftrieb geben. Unisono fordern RWE und die gesamte Branche seit langem Geld für das Vorhalten der konventionellen Energie und verweisen darauf, dass die Versorgungssicherheit ohne Kohle- und Gaskraftwerke wackeln könnte.
Bisher hat die Bundesregierung das Thema auf die Zeit nach der EEG-Reform vertagt. RWE-Chef Peter Terium brachte die Branchenforderung vor Kurzem in einem Interview noch einmal auf den Punkt. „Wer Meister werden will, braucht eine starke Ersatzbank. Die Leute auf der Ersatzbank werden auch bezahlt, obwohl sie nicht immer spielen.“