Eon droht ein teurer Streik

Ist die Stromversorgung bei einem Ausfall mehrerer Kraftwerke in Gefahr?

Düsseldorf. Deutschlands Energiewirtschaft steuert auf den ersten Streik zu. Mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter des Düsseldorfer Energieriesen Eon haben sich für eine Arbeitsniederlegung ausgesprochen.

Voraussichtlich am Montag beginnen die ersten Aktionen — falls die Tarifparteien nicht doch noch in letzter Minute zusammenfinden. Beide Seiten sind noch gesprächsbereit. RWE könnte folgen: Bei den Essenern droht ebenfalls ein Scheitern der Tarifgespräche.

Experten versichern, dass die Verbraucher von Versorgerstreiks kurzfristig nichts merken. Die Stromversorgung sei gesichert. Ausfälle ganzer Kraftwerke etwa wegen Revisionen würden ja auch ohne Schwierigkeiten ausgeglichen, heißt es beim Netzbetreiber Amprion.

Doch teuer dürfte das Ganze werden — und möglicherweise lange dauern. Die Streikkasse sei randvoll, versichern Gewerkschafter.

Das deutsche Netz hat Reserven auf mehreren Ebenen: Zunächst mal liegt die gesicherte Leistung von rund 90 000 Megawatt (MW) deutlich über dem normalen Verbrauch von 60 000 bis 70 000 MW und auch über dem bisherigen Höchstverbrauch von 82 000 MW. Zudem stehen im europaweiten Netz 3500 MW Reserve zur Verfügung. Für alle Fälle gibt es am Ende noch die sogenannte Kaltreserve — alte Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 2500 MW, die notfalls wieder angefahren werden können.

Rechtzeitige Informationen sind vorgeschrieben und von den Gewerkschaften auch zugesichert worden. Wo am Montag voraussichtlich gestreikt wird, wisse Eon schon, wie Verdi-Vorstandsmitglied Erhard Ott versichert.

Sie kaufen Strom an der Börse dazu, um ihre Lieferkontrakte einzuhalten. Das verursacht Mehrkosten — so wollen die Gewerkschaften höhere Tarifabschlüsse durchsetzen.

Von den 23 Eon-Kraftwerken könnten einige bis zu einer Handvoll betroffen sein, spekuliert ein Insider. Die Kosten kann man nur grob schätzen — sie dürften mehrere Millionen Euro pro Tag betragen.

Möglicherweise — wenn es auch beim Service oder zum Beispiel bei Störungsdiensten zu Streiks kommt.

Früher waren die Gewinne der Stromriesen deutlich größer. Jetzt bringen die Gas- und Steinkohlekraftwerke wegen der Energiewende kaum mehr Gewinn. Dazu kommen neue Steuerlasten und hohe Investitionen für Erneuerbare Energien.

Andererseits haben die Gewerkschaften beim Sparprogramm mit dem Abbau von 6000 Stellen in Deutschland bis 2015 kooperiert. Jetzt müsse wenigstens ein vernünftiger Abschluss her, heißt es. Die Gewerkschaften fordern für die rund 30 000 Mitarbeiter 6,5 Prozent mehr Geld, Eon hatte zuletzt 1,7 Prozent geboten.