Euro-Rettung: Differenzen zwischen Paris und Berlin
Berlin (dpa) - Eine Woche nach den EU-Gipfel haben mehrere Staaten der Euro-Zone mit der Arbeit an einem Konzept zur dauerhaften Stabilisierung des Euro begonnen. Zentrale Bedeutung habe dabei eine neue Institution zur Nothilfe und zur Disziplinierung der Mitgliedsländer erhalten.
Das berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Donnerstagsausgabe. Dies könnte auf eine Art Europäischer Währungsfonds hinauslaufen. Die Arbeiten an einem geschlossenen Rettungskonzept für den Euro dienten der Vorbereitung des nächsten Treffens der Euro-Finanzminister Mitte Januar in Brüssel.
Die Zeitung schrieb weiter, unter anderem habe die Bundesregierung ein Papier vorbereitet, in dem detailliert Struktur und Regeln für einen „Europäischen Stabilitäts- und Wachstums-Investmentfonds“ beschrieben werden. Der Fonds solle diesen Überlegungen zufolge als zweite Institution neben der Europäischen Zentralbank (EZB) eigenständig und politisch weitgehend unabhängig die zweitgrößte Reservewährung der Welt absichern. Er werde Euro-Ländern „Hilfen in der Not“ anbieten, sie aber auch zwingen, nach strengen Regeln zu wirtschaften.
Der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kreienbaum, erklärte, der vergangene Europäische Rat habe den Eurozonen-Finanzministern „aufgegeben, die Stabilität der Eurozone als Ganzes zu sichern, die Arbeiten zur wirtschaftspolitischen Koordinierung voranzutreiben und die Eckpunkte des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bis März 2011 festzulegen“. Das erwähnte Papier entstamme „Überlegungen auf Arbeitsebene“. Es habe der Leitungsebene des Ministeriums nicht vorgelegen, und „stellt in keiner Weise die Positionen des Ministeriums oder der Bundesregierung dar“.
Die CSU warnte das Finanzministerium, Pläne für einen unabhängigen Euro-Stabilitätsfonds weiter zu verfolgen. „Eine Relativierung der im Krisenmechanismus vorgesehenen Einstimmigkeit durch einen selbstständig agierenden Fonds akzeptieren wir nicht“, sagte CSU- Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich der „Rheinischen Post“ (Freitag).
Der EU-Gipfel in der vergangenen Woche hatte beschlossen, die Wirtschaftspolitik enger zu verzahnen. Laut Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt es schon im nächsten Jahr dazu konkrete Absprachen. Zwischen Berlin und Paris bestehen indessen weitere Differenzen über eine europäische Wirtschaftsregierung. Frankreichs Finanz- und Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sagte der „Süddeutschen Zeitung“, die Wirtschaftsregierung müsse die 16 Euro-Länder umfassen. Paris wolle die Wirtschaftsregierung auch ohne Briten. London „dürfe nicht alle anderen aufhalten“, sagte Lagarde der Zeitung.
Auf deutscher Seite scheinen die Vorstellungen aus Paris auf eine zu enge Zusammenarbeit hinauszulaufen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hielt Lagarde entgegen: „Eine derartige europäische Wirtschaftsregierung ist nicht das richtige Projekt.“ Es müsse jetzt darum gehen, „einen nachhaltigen Schutzmechanismus für die Gemeinschaftswährung zu finden“.
Brüderle argumentierte weiter: „Der bestehende Euro-Schutzschirm weist in Richtung eines Europäischen Währungsfonds. Dabei muss es um Unabhängigkeit, Eigenverantwortung Transparenz und vor allem konsequente Sanktionsmöglichkeiten für Euro-Sünder gehen.“ Ein Europäischer Währungsfonds mache nur als „Disziplinierungsinstrument Sinn, er darf kein Wegbereiter für eine Transferunion sein“.
CSU-Landesgruppenchef Friedrich nannte eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik sinnvoll. „Entscheidend ist aber, dass die nationalen Regierungen das Heft in der Hand behalten.“ In keinem Fall dürfe eine stärkere Koordinierung im Kreise der 16 einen Ausschluss anderer Länder bedeuten - das gelte auch für Großbritannien.
In dem Positionspapier, das laut „Süddeutscher Zeitung“ in den nächsten Wochen in den europäischen Abstimmungsprozess eingespeist wird, heißt es, Deutschland habe ein „nationales Interesse am Fortbestand des Euro mit allen Mitgliedern“. Der Euro müsse sich allerdings „an deutschen Stabilitätsinteressen orientieren“. Das sei „eine Gegenleistung dafür, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft im Euroraum den Stabilitätsanker bilden soll“.