Euro-Rettung gerät ins Wanken
Karlsruhe stellt den unbegrenzten Anleihe-Ankauf durch die EZB infrage. Was heißt das für das Hilfs-Programm?
Berlin. Da ist er wieder, der Streit über den Weg aus der Euro-Schuldenkrise. Deutschlands oberste Richter teilten in trockenen Worten mit, dass sie die Krisenpolitik der Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Kern nicht für richtig halten.
Staaten brauchen viel Geld. Weil die Steuereinnahmen meist nicht ausreichen, leihen sie sich zusätzlich etwas. Das geschieht am Kapitalmarkt, wo Staaten Anleihen an Investoren verkaufen. Eine Anleihe ist also eine Art Schuldschein. Darauf steht, wann der Staat das Geld zurückzahlt und wie viel Zinsen er dem Geldgeber zahlen muss. Die EZB hatte in der Euro-Schuldenkrise versprochen: Wir kaufen ohne Limit solche Anleihen, um den klammen Staaten zu helfen (OMT-Programm). Zwar hat die Bank dies nie getan — aber allein die Ankündigung reichte, um in der Krisenzeit die erhoffte Beruhigungspille zu verabreichen.
Die Karlsruher Richter bezweifeln, dass die EZB unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Staaten in Finanznot kaufen darf. Sie haben den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Kritiker werfen der EZB vor, dass das Kaufprogramm im Prinzip eine Staatsfinanzierung sei — die in Europa verboten ist.
Die EZB selbst ist sicher, dass die Zentralbank ihre Kompetenzen nicht überschreitet. Denn die möglichen Anleihekäufe sind an strikte Bedingungen geknüpft, etwa Sparprogramme im Krisenland.
Das war wohl vor allem ein psychologischer Effekt: „Dann weiß ein Investor, dass er nicht alleine ist“, sagt der Chefvolkswirt der Bayerischen Landesbank, Jürgen Michels. „Jeder andere Käufer fühlt sich dann sicherer und ist wieder bereit, eine Anleihe von Portugal oder anderen Ländern zu kaufen.“
„Das Urteil bedeutet ein vorläufiges Aus für OMT“, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Denn die EZB würde sich in eine schwierige Lage begeben, wenn sie eine Maßnahme während eines laufenden Verfahrens beim EuGH umsetzt.