Europäer beraten über neues Rettungspaket
Luxemburg (dpa) - Die Euro-Finanzminister streiten über den Beitrag von Banken und Versicherungen an neuen Milliardenhilfen für das krisengeschüttelte Griechenland.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pochte am Sonntag am Rande von Krisenberatungen in Luxemburg erneut auf einen „substanziellen“ Anteil der Banken.
Der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, trat hingegen auf die Bremse: Es gehe nun darum, wie weit die Einbeziehung gehen dürfe. Diese Idee sei noch in der Debatte, denn sie könne bei den Ratingagenturen Reaktionen provozieren, die weder im Interesse Griechenlands noch der Eurozone lägen. Er spielte auf die Gefahr eines möglichen Zahlungsausfalls Griechenlands an. „Wir werden heute keine Einigung finden“, kündigte Juncker an. Die Gespräche würden am Montag weitergehen. Debattiert wird ein neuer Plan von bis zu 120 Milliarden Euro.
Schäuble sagte: „Wir sind bereit, Griechenland zu helfen.“ Er fügte hinzu: „Aber das muss in einer Art und Weise geschehen, dass klargestellt ist, dass das Risiko nicht einseitig und allein von der Gemeinschaft der Steuerzahler getragen wird.“
Schäuble sagte in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“, den privaten Geldgebern müssten Anreize geboten werden, oder „wie man neudeutsch sagt "Sticks and Carrots" (Zuckerbrot und Peitsche)“. Schäuble weiter: „Nur weil wir nette Leute sind, wird keine Bank gegen ihre Interessen entscheiden.“
Der neue Finanzminister Griechenlands, Evangelos Venizelos, sicherte zu, sein Land werde sich an gegebene Sparzusagen halten. „Wir können die Ziele erreichen, dank der Anstrengungen der Bürger und der Zusammenarbeit und der Hilfe unserer Partner.“ Griechenland wird von einer schweren politischen Krise erschüttert. Der viel kritisierte sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou will am Dienstag im Parlament die Vertrauensfrage stellen.
Rund 10 000 Menschen protestierten am Sonntagabend in Athen gegen das harte Sparprogramm der Regierung. Dies berichtete das staatliche Fernsehen (NET). Zu den Protesten aufgerufen hatte die vor allem über das Internet organisierte Bewegung der „Empörten Bürger“. „Wir haben keine Schulden gemacht, wir zahlen nicht“, riefen viele Bürger. Eine kleinere Kundgebung gab es in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki. Die Proteste verliefen friedlich, teilte die Polizei mit.
Die Ressortchefs wollen bei ihrem Marathontreffen in Luxemburg spätestens am Montag eine für Mitte Juli geplante 12-Milliarden- Euro-Kredittranche der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem bereits laufenden Hilfsprogramm freigeben. Sollte das Geld nicht fließen, wäre Griechenland sofort pleite.
Der belgische Ressortchef Didier Reynders sagte, notfalls müsse eine ganz kurzfristige Finanzierung gefunden werden - es könnten also aus dem laufenden Programm möglicherweise nur 6 Milliarden Euro für den Juli ausgezahlt werden. Offiziell wurde diese Variante nicht bestätigt.
Die österreichische Ressortchefin Maria Fekter sagte, falls der IWF seinen Anteil nicht übernehme, „werden wir auch nicht auszahlen“. Die Europäer stemmen zwei Drittel der Griechenlandkredite, der IWF übernimmt das restliche Drittel.
Athen soll für das weitere Hilfsprogramm von rund 120 Milliarden Euro weitere Sparzusagen machen. Schäuble sagte, Griechenland müsse die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die nächste Tranche rechtzeitig ausgezahlt werden könne. Dann werde Europa „seinen Teil dazu beisteuern“.
Dabei betonte der CDU-Politiker, wie wichtig stabile politische Verhältnisse seien. In Athen müsse es einen „grundsätzlichen Konsens der politischen Parteien geben, dass wir das Vertrauen haben können, dass es in Griechenland hält“.
Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten am vergangenen Freitag in Berlin die Weichen für eine Einigung auf die Privatgläubiger-Beteiligung gestellt. Deutschland war dabei von weitreichenden Vorstellungen abgerückt und hatte zugesagt, dass diese freiwillig sein sollte und im Einvernehmen mit der Europäischen Zentralbank ausgearbeitet werden solle. Zuvor hatte die EZB die deutschen Pläne scharf kritisiert.
Der sich abzeichnende europäische Kompromiss hat die sogenannte Wiener Initiative zum Vorbild, bei der 2009 Banken zugesagt hatten, Engagements in Osteuropa aufrechtzuerhalten. Für Griechenland würde dies konkret bedeuten, dass private Gläubiger freiwillig neue Anleihen des Landes kaufen, wenn alte auslaufen.