Tonnagesteuer: Lebensgrundlage oder Subvention?
Hamburg (dpa) - Durch die vorteilhafte Tonnagesteuer sparen die Deutschen Reeder im laufenden Jahr nach Regierungszahlen 380 Millionen Euro. Nach Angaben der Grünen im Bundestag hat die Bundesregierung als Antwort auf eine Kleine Anfrage erstmals die Höhe der Steuermindereinnahmen durch die Pauschalabgabe geschätzt.
Danach zahlen die Reeder von 2004 bis 2011 zusammengerechnet fast 5 Milliarden Euro weniger, als sie nach dieser Hochrechnung gemessen an ihren tatsächlichen Einkünften bezahlen müssten. Bei Tonnagesteuer wird der Gewinn vereinfacht gesagt nach der Größe des Schiffes berechnet und nicht nach dem tatsächlichen Gewinn.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) sieht die pauschalisierte Abgabe nicht als staatliche Subvention, sondern als Lebensgrundlage der deutschen Schifffahrt. Die Tonnagesteuer existiere weltweit an allen Schifffahrtsstandorten und sei innerhalb Europas überall nahezu gleich hoch: „Wird sie abgeschafft, gibt es innerhalb einer Woche keine deutschen Schiffe mehr, das wäre eine aggressive Aufforderung an die deutschen Reeder, Deutschland zu verlassen“, sagte VDR-Sprecher Max Johns. Schon jetzt werde für jedes einzelne der derzeit 440 deutschen Schiffe über eine Ausflaggung nachgedacht. „Jeder Kaufmann muss das ernsthaft prüfen. Aber keiner geht diesen Schritt leichten Herzens“, unterstrich Johns.
Politiker fordern immer wieder die Abschaffung der 1999 unter Rot-Grün eingeführten Tonnagesteuer. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat sich dagegen klar für eine Beibehaltung der Tonnagesteuer ausgesprochen.
Die Grünen übten massive Kritik an der Drohung der deutschen Reeder, mehr Schiffe auszuflaggen. Die Reeder strichen erhebliche Summen an Subventionen ein und ließen trotzdem nicht mehr Schiffe unter deutscher Flagge fahren, monierte die Bundestagsfraktion.
Nach ihren Angaben schwankte die Höhe der Tonnagesteuer nach Schätzungen der Bundesregierung in den vergangenen Jahren stark. Lag sie 2004 noch bei 875 Millionen Euro und 2005 bei 1,115 Milliarden Euro, so sank sie im Krisenjahr 2009 bis auf 40 Millionen Euro. Für 2010 wird sie mit 200 Millionen Euro angegeben.
Der Streit entbrannte vor dem Hintergrund massiver Kürzungen bei den Beihilfen für die Schifffahrt - von 50 auf 25 Millionen Euro. Daraufhin hatte der VDR mit Ausflaggungen gedroht, denn ein Schiff unter deutscher Flagge mache Mehrkosten von 300 000 bis 500 000 Euro verglichen mit einer fremden Flagge. „Es droht ein Ausstieg der Reeder aus der deutschen Flagge - und die Bundesregierung sieht tatenlos zu“, kritisierte die Grünen-Sprecherin für maritime Politik, Valerie Wilms. Das maritime Bündnis müsse neu geschlossen werden. „Drohungen helfen nicht weiter“, betonte sie.
Die Deutschen Reeder erhalten mehrere Arten von Hilfen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Dazu gehören Zuschüsse zu den Lohnnebenkosten, eine verringerte Lohnsteuer und eine Ausbildungsbeihilfe, weil ein Großteil der Ausgebildeten direkt im Anschluss für Einrichtungen des Bundes arbeitet.