Europäer werden trotz Schuldenkrise reicher
New York (dpa) - Trotz der weiterhin brodelnden Schuldenkrise sind die Menschen in Westeuropa reicher geworden. Das zumindest hat die Beratungsgesellschaft Boston Consulting in ihrer jährlichen Studie „Global Wealth“ errechnet.
Demnach wuchs das Privatvermögen in der Region im vergangenen Jahr um 5,2 Prozent auf 35,8 Billionen Dollar oder nach heutigen Wechselkursen umgerechnet 27,7 Billionen Euro.
„Das kommt vor allem durch die gut laufenden Aktienmärkte“, sagte Experte Daniel Kessler bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag in New York. Noch im Jahr 2011 hatten die Märkte und damit die Privatvermögen merklich unter den Wirren der Schuldenkrise gelitten.
Nun aber ist Entspannung angesagt. Dadurch stieg auch die Zahl der Millionärshaushalte im vergangenen Jahr. Boston Consulting zählte alleine in Deutschland 362 000, die mindestens 1 Million Dollar zum Investieren zur Verfügung haben. Im Jahr 2011 waren es auf vergleichbarer Basis erst 331 000. Deutschland belegt damit unter den Nationen den siebten Rang.
In Europa gibt es nur in Großbritannien und der Schweiz mehr Millionärshaushalte mit 509 000 beziehungsweise 395 000. Die meisten Millionäre gibt es der Studie zufolge allerdings weiterhin in den USA (5,9 Millionen), Japan (1,5 Millionen) sowie China (1,3 Millionen).
Die Wohlhabenden hätten kräftiger zugelegt als der Mittelstand, erläuterte Kessler. „Die Differenz ist aber nicht so groß, dass man sagen könnte, dass eine massive Umverteilung der Vermögen in Europa zu sehen wäre.“ Die Zahl der Superreichen mit einem Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar nahm zumindest in Deutschland sogar ab von 680 auf 650. Kessler wollte nicht ausschließen, dass einige ihr Vermögen wegen der Schuldenkrise in andere Weltregionen verschoben haben. Immer beliebter werden laut der Studie Hongkong und Singapur.
Weltweit gesehen stieg das Vermögen im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent auf 135,5 Billionen Dollar und damit deutlich stärker als im Jahr 2011. „Asien-Pazifik ist der Treiber“, erklärte der zuständige Boston-Consulting-Experte Federico Burgoni. „Und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben.“ Für die etablierten Industrieländer gehen die Berater in den kommenden Jahren von deutlich moderaterem Wachstum aus.
Wie groß die Kluft zwischen den einzelnen Weltregionen ist, zeigen auch die Zahlen aus dem vergangenen Jahr: So konnten die Asiaten mit dem Schwergewicht China ihr Vermögen um 13,8 Prozent auf 28,0 Billionen Dollar steigern. Japan ist dabei nicht eingerechnet. Dagegen legten selbst die wirtschaftlich wieder solide dastehenden Nordamerikaner „nur“ um 7,8 Prozent auf 43,3 Billionen Dollar zu. „Wir befinden uns in einer Welt der zwei Geschwindigkeiten“, sagte Kessler. „Die neue Welt wächst schneller als die alte Welt.“