Europas Absatzkrise erreicht den Branchenprimus VW
Wolfsburg (dpa) - Der schwache Automarkt in Europa und hohe Investitionskosten in neue Modelle und Produktionsanlagen nagen beim Volkswagen-Konzern am Ergebnis. Im dritten Quartal sank der operative Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund ein Fünftel auf 2,3 Milliarden Euro.
Seit Jahresbeginn liegt der Wert bei 8,8 Miliarden Euro - und damit leicht unter den 9 Milliarden Euro zuvor. Konzernchef Martin Winterkorn bestätigte am Mittwoch bei der Vorlage der Quartalszahlen dennoch die Ziele für 2012: Beim Betriebsgewinn peilt Volkswagen die Marke von 11,3 Milliarden Euro an.
Bei Absatz und Umsatz liegt die Gruppe mit ihren zwölf Marken weltweit weiter auf Rekordkurs. Im dritten Quartal stieg der Umsatz überraschend stark um gut ein Viertel auf 48,8 Milliarden Euro. Insgesamt verbuchte der Weltkonzern damit in den ersten neun Monaten ein Umsatzplus von 24 Prozent auf 144,2 Milliarden Euro. Trotz der Absatzflaute in Europa, die viele Konkurrenten in arge Schieflage gebracht hat, lieferte VW im Zeitraum zwischen Juli und September fast 13 Prozent mehr Autos aus als vor einem Jahr. In Westeuropa gingen die Auslieferungen, die mehr als ein Drittel des Gesamtvolumens ausmachen, aber um vier Prozent zurück - und das, obwohl der Porsche-Absatz erstmalig mit berücksichtigt ist.
Für die nächsten Monate erwarten die Niedersachsen eine Verschärfung der Absatzkrise in Europa. Winterkorn sprach von „wachsendem Gegenwind“. Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch betonte jedoch: „Wir sind weltweit breit aufgestellt und finanziell solide wie kaum ein Zweiter.“ Autoexperte Ferndinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen meinte: „Die Krise ist bei VW angekommen.“
Nach Steuern verdiente Volkswagen 11,3 Milliarden Euro - allerdings ist ein Großteil davon auf die Komplettübernahme der Sportwagenschmiede Porsche Anfang August zurückzuführen. Nach deren Integration waren erstmals auch die Zahlen des Sportwagenherstellers in den Geschäftszahlen von Volkswagen enthalten. Für die Monate August und September lag der Absatz der Marke bei 22 000 Fahrzeugen, das operative Ergebnis bei 389 Millionen Euro. Trotz der Übernahmekosten von rund 7 Milliarden Euro ist Volkswagen weiter mit Reserven von rund 18 Milliarden Euro gegen Krisenzeiten gewappnet.
Bei der Tochter Audi haben Ausgaben für den Produktionsausbau und höhere Kosten das Gewinnwachstum gebremst. Der Oberklassen-Hersteller verdiente im dritten Quartal operativ gut 1,3 Milliarden Euro und damit rund 100 Millionen Euro weniger als vor einem Jahr. Der Umsatz der Nobelmarke wuchs von 10,9 auf 12,6 Milliarden Euro. Audi legt die kompletten Zahlen am Montag vor.
Während die Nutzfahrzeug-Sparte weiter unter Absatzschwund leidet, verkauft sich die Nische der Luxuswagen bei Volkswagen weiter prächtig: Die Marke Bentley verbesserte ihre Verkäufe im dritten Quartal um knapp 30 Prozent auf 7000 Fahrzeuge.