Ex-Chef der Hypo Real Estate bleibt Prozess fern
München (dpa) - Der frühere Chef der Hypo Real Estate (HRE), Georg Funke, lässt sich auch Jahre nach der Notrettung der Immobilienbank nicht in der deutschen Öffentlichkeit blicken.
Einen mit Spannung erwarteten Auftritt vor dem Oberlandesgericht München sagte der 58-Jährige kurzfristig ab. Funke habe sich entschieden, wegen der laufenden Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft nicht zu dem Prozess zu erscheinen, sagte sein Anwalt. Dies habe Funke ihm in einem Gespräch am Mittwochabend mitgeteilt. Da Funke in dem Verfahren nur Beteiligter, aber kein Angeklagter ist, stand ihm die Aussage frei.
Der Manager war nach dem HRE-Debakel von München nach Mallorca gezogen. Dort handelte er eine Zeit lang mit Ferienimmobilien. Wo er heute lebt, ist unklar. In dem milliardenschweren Schadenersatzprozess werfen ehemalige Aktionäre dem früheren Management um Funke vor, die wahre Lage der HRE in den Jahren 2007 und 2008 zu lange verschleiert und ihnen dadurch massive Verluste eingebrockt zu haben. Sie fordern mehr als eine Milliarde Euro Schadenersatz. Einige ehemalige Aktionäre reisten von weit her zum Prozess nach München, um Funke einmal persönlich zu sehen.
In der Öffentlichkeit trat Funke seit seinem Umzug nach Mallorca 2010 nicht mehr auf, wehrte sich aber in Interviews aus der Ferne gegen den Vorwurf, für das HRE-Drama verantwortlich gewesen zu sein.
In dem Verfahren spielen die Aussagen von Funke zum Zustand der HRE in den Jahren 2007 und 2008 eine zentrale Rolle. Nach Darstellung eines Zeugen soll der damalige Chef bereits lange vor der Krise der Immobilienbank im Jahr 2008 starke Zweifel an den Geschäftsaussichten geäußert haben.
In einem Telefongespräch am 12. September 2007 habe Funke den Geschäftsplan der irischen HRE-Tochter Depfa als „Fantasie“ bezeichnet, sagte der Zeuge, ein britischer Fondsmanager, am Donnerstag. „Ich habe mir das so notiert.“ Seine Notizen zeigte er im Gerichtssaal den Richtern und Anwälten.
In einem weiteren Gespräch soll Funke dem Fondsmanager gesagt haben, er habe die Aktionäre bereits im Dezember 2007 in einer Pflichtmitteilung (Ad Hoc) über die Belastungen informieren wollen - und nicht erst im Januar 2008, wie es letztlich geschah. Dies hätten Anwälte aber untersagt. „Er hat gesagt, der Aufsichtsrat habe ihn gezwungen, die Ad Hoc im Januar herauszugeben.“
Im Herbst 2008 geriet die HRE schließlich in größte Not, weil die Depfa Geld langfristig verliehen und sich extrem kurzfristig refinanziert hatte. Nach der Lehman-Pleite ging diese Rechnung nicht mehr auf und die Bank kam nicht mehr an Geld: Es fehlten plötzlich 35 Milliarden Euro. Nach der Notrettung mit Steuermilliarden wurde die HRE im Jahr 2009 verstaatlicht.
Die Aktionäre mussten ihre Papiere zum Preis von 1,30 Euro an den Staat abgeben. In dem Musterprozess fordern sie mehr als eine Milliarde Euro Schadenersatz. Sollten sie sich vor Gericht durchsetzen, würde dies letztlich die Steuerzahler in Deutschland treffen, da die Bank bis heute im Staatsbesitz ist.
Zum Auftakt des Verfahrens am Montag hatte der Vorsitzende Richter Guido Kotschy den Anlegern Hoffnung gemacht. Die HRE habe sich damals zu optimistisch geäußert und eine Informationslücke entstehen lassen, sagte er. Noch Anfang August 2007 hatte die HRE in einer Pressemitteilung geschrieben, sie erwarte keine negativen Belastungen aus der US-Subprime-Krise. Diese Mitteilung gilt als ein wichtiges Dokument in dem Prozess.