Ex-Siemens-Manager bestreitet Vorwürfe

München (dpa) - Mehr als vier Jahre nach der Aufdeckung des Schmiergeldskandals bei Siemens sitzt der ehemalige Vorstand des Telekommunikationsbereichs ICN, Thomas Ganswindt, wegen Steuerhinterziehung und vorsätzlicher Verletzung seiner Aufsichtspflicht auf der Anklagebank.

Der 50-jährige Ex-Manager bestreitet die Vorwürfe. „Ich habe in meiner ganzen Zeit bei ICN keinen einzigen konkreten Bestechungsfall vorgefunden“, sagte er am Dienstag zum Prozessauftakt. Im Gegensatz zu anderen ranghohen Siemens-Managern, die Strafbefehle akzeptierten, um langwierigen Gerichtsverhandlungen zu entgehen, kann die Staatsanwaltschaft nicht darauf hoffen, in Ganswindt einen Helfer zur Klärung eines schwierigen Sachverhalts zu finden.

Die Anklagebehörde will beweisen, dass der Ex-Manager zwar nicht selbst bestochen hat, aber doch nicht einschritt, wenn Mitarbeiter es taten. Wäre Ganswindt „den Anhaltspunkten für Korruption nachgegangen und hätte entsprechende disziplinarische Maßnahmen ergriffen“, dann wären weder schwarze Kassen geführt noch Bestechungen möglich gewesen, ist sie überzeugt.

Betrachtet man die Lage der Siemens-Telekommunikationssparte nach der Jahrtausendwende, mag die Vermutung nahe liegen, dass bei mancher Auftragsvergabe ein wenig nachgeholfen wurde. Selbst Ganswindt räumte das vor Gericht ein. Der Geschäftsbereich, der 2001 noch 12,6 Milliarden Euro Umsatz machte und 56 000 Menschen beschäftigte, sei bis 2004 auf rund die Hälfte bei Umsatz und Mitarbeiterzahl abgerutscht. Einst Gewinnbringer im Konzern sei die Sparte zur Belastung geworden. Erst von 2004 ging es wieder bergauf. Die Ganswindt nun zur Last gelegten Bestechungszahlungen unter anderem in Russland, Nigeria und Kasachstan datieren aus den Jahren 2003 und 2004.

„Wir brauchten diese Aufträge“, sagte der ehemalige Manager. „Das schloss aber nicht ein, dass Straftaten begangen wurden“, betonte er. Die Staatsanwaltschaft stützt sich vorwiegend auf die Geständnisse früherer Weggefährten Ganswindts wie dem ehemaligen Finanzchef der Telekommunikationssparte, Michael Kutschenreuter, und dessen Mitarbeiter Reinhard Siekaczek.

In Ganswindts Darstellung klingt der Vorwurf, ein Großauftrag von NW Telecom in Russland sei nur durch die Schenkung von Computern für ein Museum zustande gekommen, dagegen sehr harmlos. Die russische Seite habe es „schade“ gefunden, dass im neuen Telekommunikationsmuseum von Sankt Petersburg lediglich historische Geräte von Siemens anzuschauen sein sollten, aber moderne Technik nur von der Konkurrenz. „Einen Zusammenhang sah ich nicht.“ Noch heute stehe Siemens im Übrigen auf der Website des Museums als Sponsor neben zahlreichen anderen Weltfirmen.

Insgesamt sollen bei Siemens über Jahre hinweg rund 1,3 Milliarden Euro an dubiosen Zahlungen zur Erlangung von Auslandsaufträgen geflossen sein. 23 Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt, um den Fall Ganswindt zu klären. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Wird er verurteilt, will Siemens 5 Millionen Euro Schadenersatz von ihm.