Portugals Finanznot wächst
Lissabon/London (dpa) - Die finanzielle Lage Portugals wird immer drängender. Einige der wichtigsten Banken wollen dem hoch verschuldeten Land laut Medienbericht kein Geld mehr leihen.
Die Banken forderten den geschäftsführenden Regierungschef José Sócrates auf, beim Euro-Rettungsfonds noch vor den Neuwahlen am 5. Juni eine „Zwischenhilfe“ in Höhe von 15 Milliarden Euro zu beantragen, berichtete das gewöhnlich gut informierte Wirtschaftsblatt „Jornal de Negocios“ (Dienstag).
Die Summe reiche, um es bis zum Sommer zu schaffen. Die Ratingagentur Moody's stufte derweil die Kreditwürdigkeit Lissabons herunter - die Risikoaufschläge für portugiesische Staatsanleihen stiegen daraufhin auf Rekordstände.
Moody's senkte die Kreditwürdigkeit Portugals um eine Note von A3 auf BAA1. Zudem steht das portugiesische Rating weiter „unter Beobachtung“, was eine neuerliche Herabstufung kurzfristig möglich macht. Als Reaktion stieg die Rendite für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen bis auf knapp 8,6 Prozent. Bei fünfjährigen Papiere kletterte die Rendite gar auf 9,9 Prozent und damit knapp unter die Zehn-Prozent-Marke. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Rendite für zehnjährige Staatstitel derzeit bei rund 3,4 Prozent.
S&P und Fitch hatten die Bonität des Landes erst unlängst stark gesenkt. Bei beiden Agenturen liegt das Rating nur eine Note über dem sogenannten „Ramsch-Status“, mit dem Ratingagenturen spekulative, also besonders risikoträchtige Anlagen kennzeichnen.
Laut dem portugiesischen Medienbericht beschlossen die Chefs mehrerer Kreditinstitute bei einem Treffen in der Zentralbank in Lissabon am Montag, den Kauf portugiesischer Staatsanleihen für einige Monate einzustellen. Der Bericht wurde zunächst weder bestätigt noch dementiert. Doch erklärte der Präsident der Bank BCP, Carlos Santos Ferreira, ein Antrag auf eine finanzielle „Zwischenhilfe“ sei inzwischen „unentbehrlich“. Dem stellt sich Sócrates energisch entgegen.
Die Euro-Finanzminister werden an diesem Freitag bei ihrem informellen Treffen im ungarischen Gödöllö über die Lage im hoch verschuldeten Portugal sprechen. Das sagten EU-Diplomaten am Dienstag in Brüssel. Mit schnellen Entscheidungen über eine internationale Finanzhilfe werde aber nicht gerechnet. „Erstens gibt es keinen Antrag aus Lissabon dazu, zweitens ist Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos nur noch geschäftsführend im Amt und kann deshalb kein Hilfsprogramm verhandeln“, sagte ein Diplomat. Teixeira dos Santos müsste dazu vom Parlament ermächtigt sein.
Zu den Medienberichten, wonach Sócrates beim Euro-Rettungsfonds eine „Zwischenhilfe“ in Höhe von 15 Milliarden Euro beantragen könnte, sagten Experten in Brüssel, eine solche Möglichkeit für Zwischenhilfen gebe es derzeit nicht.