Expansion: USA kaufen Firmen, um zu sparen

Konzerne aus den USA sind derzeit in Europa auf Einkaufstour. Damit wollen sie vor allem Steuern vermeiden.

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Frankfurt. Nach jahrelanger Zurückhaltung stehen große Übernahmen wieder ganz oben auf der Agenda vieler Unternehmen. Besonders aktiv sind US-Konzerne. Im Visier haben sie vor allem Konkurrenten in Europa. So will der US-Industriegigant General Electric wichtige Teile des französischen Elektronikkonzerns Alstom übernehmen. Zudem schielen zahlreiche Pharmariesen auf Rivalen jenseits des Atlantiks. Doch bei vielen Zukäufen geht es nicht mehr um die Stärkung des eigenen Geschäfts, sondern vor allem darum, dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen.

Zum Beispiel Pfizer. Der Hersteller der Potenz-Pille Viagra wollte den britischen Konkurrenten AstraZeneca für etwa 117 Milliarden Dollar kaufen — und dies, obwohl die Forschungspipeline der Briten weitgehend leer ist. Doch wenn der Deal zustande gekommen wäre, hätte Pfizer große Steuervorteile einstreichen können. Denn Pfizer hätte seinen Firmensitz nach Großbritannien verlegen können. Dort liegen die Unternehmenssteuern bei rund 20 Prozent, während sie in den USA bei bis zu 39 Prozent und damit so hoch wie in keinem anderen Industrieland liegen. Die Verlagerung des Hauptsitzes ins Ausland — Inversion genannt — gestattet das US-Recht, wenn bei einer Fusion mindestens 20 Prozent der Anteile an die ausländischen Aktionäre übergehen.

Ähnliches wie Pfizer führt der Medizintechnikkonzern Medtronic im Schilde, der für fast 43 Milliarden Dollar den in Irland ansässigen Konkurrenten Covidien kaufen will. Covidien selbst hatte erst 2009 seinen Sitz in das Steuerparadies Irland verlegt, während das Management weiter in den USA arbeitet.

Angetrieben wird die Übernahmewelle zusätzlich von den riesigen Geldbeständen der US-Konzerne im Ausland. In den Jahren nach der Finanzkrise hatten sich viele von ihnen angesichts der lange unsicheren Wirtschaftsaussichten mit Investitionen zurückgehalten. Gewinne horteten sie lieber und legten so laut Bloomberg rund zwei Billionen Dollar auf die hohe Kante. Angesichts der niedrigen Zinsen wächst nun der Druck, das Geld zu investieren.

Das Kapital einfach zurück in die USA zu holen, ist aber teuer — müssten die Firmen dann doch bis zu 35 Prozent des Geldes an den Fiskus zahlen. Nur wenige gehen den schmerzhaften Weg wie Ebay, das neun Milliarden Dollar in die USA zurückholte, um junge Unternehmen kaufen zu können. Drei Milliarden gingen an den Staat.

Da suchen die Unternehmen lieber Anlageziele in Europa — auch wenn die Konjunkturaussichten auf dem alten Kontinent nicht so gut sind wie im Heimatland. Das zeigt die geplante Übernahme des Alstom-Energiegeschäfts durch General Electric. GE kann sich das leisten — es hat 110 Milliarden Dollar im Ausland angehäuft.