Tui will mit Londoner Tochter zu Weltmarktführer fusionieren

Hannover (dpa) - Europas größter Reisekonzern Tui will mit seiner wichtigsten Tochter verschmelzen und so endlich seine komplizierte Doppelstruktur einreißen.

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Die deutsche Konzern-Mutter aus Hannover plant dazu eine Fusion mit ihrer Beteiligung Tui Travel aus London, die bisher nur zu 54 Prozent zum Konzern gehört. Der Zusammenschluss der zwei Partner soll im Herbst besiegelt werden. Fließen soll dabei kein Bargeld, sondern Aktien. Die Fusion würde den Tui-Konzern zu einem der Weltmarktführer aufsteigen lassen. Das teilten die beiden Unternehmen am Freitag in Hannover und London mit.

Die Aktionäre der Tui AG sollen dem Plan zufolge noch diesen Herbst über den Zusammenschluss beraten. Der größte Einzelaktionär der Tui AG, Alexej Mordaschow, habe seine Unterstützung für den geplanten Zusammenschluss bereits in Aussicht gestellt. Er hält rund 26 Prozent an dem hannoverschen MDax-Konzern und besitzt damit ein Vetorecht.

Der Zusammenschluss soll ausschließlich über die Ausgabe neuer Tui-Aktien an die heutigen Minderheitsaktionäre von Tui Travel erfolgen. Eine zusätzliche Prämie für sie gebe es nicht.

Die historisch gewachsene Doppelstruktur gilt als problematisch. Über die Tochter Tui Travel läuft das eigentliche Reisegeschäft. Sie war 2007 aus der Fusion der Tui-Veranstaltersparte mit dem Konkurrenten First Choice hervorgegangen. Rund 54,5 Prozent der vom Taktiker Peter Long geführten Tochter gehören der Holding. Dennoch hat die Tui AG aber kaum Zugriff. Anfang 2013 war ein erster Versuch gescheitert, die Tui Travel ganz unter das Konzerndach zu holen. Auslöser des Stockens waren damals verschiedene Preisvorstellungen der Tui AG und der übrigen Tui-Travel-Großaktionäre. Seit Anfang 2013 hat die Tui-Aktie rund die Hälfte an Wert hinzugewonnen.

Tui-Chef Fritz Joussen sagte am Freitag: „Wir glauben, dass es strategisch sehr viel Sinn macht, dass beide Unternehmen gemeinsam geführt werden. Im Grunde haben unsere Unternehmen die gleichen Wurzeln. Viele unserer Mitarbeiter verstehen gar nicht, warum wir unterschiedliche Unternehmen sind.“ Konzernbetriebsratschef Frank Jakobi begrüßte die Pläne. „Wir sehen das grundsätzlich sehr sehr positiv.“ Tui schüttele damit Lasten ab. Gut sei zudem, dass der Sitz in Hannover bleiben soll. „Das stärkt die Mitbestimmung im Konzern.“

Mit der neuen Struktur soll das Unternehmen absehbar nicht mehr im deutschen MDax geführt werden, dem Index für die mittelgroßen Werte hinter dem Dax. Der Handelsplatz wechsele nach England, der Sitz der Holding dagegen nicht. „Technisch wird es hinterher eine AG mit dem Standort hier in Hannover sein“, sagte Joussen. Und trotz des Wechsels im Listing nach England werde die Tui „sehr drauf achten, dass auch die deutschen Aktionäre den Spaß an der Aktie nicht verlieren“.

Wie beide Unternehmen am Freitag mitteilten, hätten sie bereits „eine grundsätzliche Einigung über die wesentlichen Konditionen eines geplanten Zusammenschlusses“ erzielt. „Wir sind am Anfang des Prozesses“, sagte Joussen. Er und Long seien sich einig über den einzuschlagenden Kurs. „Wir wollen gemeinsam einen Weltmarktführer im Touristikgeschäft schaffen.“ Die Umstrukturierung könnte den Plänen zufolge schon im Frühjahr nächsten Jahres abgeschlossen sein.

Tui Travel ist der führende europäische Reiseveranstalter und zählt bisher nur zu 54,48 Prozent zum Tui-Konzern. „Nach einem Zusammenschluss beider Unternehmen würde der führende integrierte Touristikkonzern der Welt entstehen“, heißt es in Tui-Lesart. Es geht um 74 000 Mitarbeiter in rund 130 Ländern. Das Zusammengehen solle erhebliche Einsparmöglichkeiten freischaufeln. Joussen sprach von rund 45 Millionen Euro Synergien pro Jahr und weiteren ähnlich hohen Steuervorteilen. Die Tui-Aktie setzte sich mit einem Sprung um zeitweise fast fünf Prozent am Freitag an die Spitze der MDax-Werte.

Peter Long und Joussen sollen den neuen Gesamtkonzern bis Februar 2016 als Doppelspitze führen. Danach soll Long in den Aufsichtsrat wechseln und dort später dem Vorsitzenden Klaus Mangold nachfolgen. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder soll um 4 auf 20 steigen.