Experte: Lehman-Opfer könnten bald Geld sehen

Düsseldorf/Frankfurt (dpa) - Mit den Fortschritten im Insolvenzverfahren der US-Pleitebank Lehman können sich auch die geschädigten Privatanleger in Deutschland berechtigte Hoffnungen auf eine Minderung ihrer Verluste machen.

Es zeichne sich für den Beginn kommenden Jahres ab, dass auch die Käufer von Zertifikaten einen vergleichsweise großen Teil ihrer Einlagen erstattet bekommen, sagte der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Schuldzinski, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Gerüchteweise sei eine Spanne zwischen 20 und 30 Cent pro eingesetztem Euro im Gespräch.

Das Geld steht den Besitzern von Zertifikaten zu, die vor der Lehman-Pleite im September 2008 in großer Zahl auch an deutsche Kleinanleger verkauft wurden und für die kurzfristig der Totalverlust befürchtet worden war. Emittent war in den meisten Fällen eine niederländische Lehman-Tochter, über die ein eigenes Insolvenzverfahren läuft und die auch im Hauptverfahren in den USA Ansprüche angemeldet hat. Die Zahl der geschädigten Privatleute wird auf etwa 50 000 geschätzt. Vertrieben wurden die meist als sichere Anlage empfohlenen Papiere über mehrere Sparkassen, die Citibank (heute Targo), Dresdner Bank, Commerzbank und weitere Institute.

„Die Inhaber sollten sich am besten an die Bank wenden, bei der sie die Papiere gekauft haben, auch wenn sie dort nach all dem Ärger kein Konto mehr haben sollten“, riet Schuldzinski. Es sei aber auch möglich, die Ansprüche direkt beim niederländischen Insolvenzverwalter anzumelden. Die Verbraucherzentrale werde entsprechende Musterbriefe zur Verfügung stellen, wenn die Entscheidung in New York gefallen ist.

Keine Chance auf Erstattungen haben Bankkunden, die nach der Pleite ihre Papiere verkauft haben. „Es war relativ schnell klar, dass die Zertifikate einen gewissen Wert behalten würden. Da waren schnell die professionellen Aufkäufer im Markt“, schilderte der Experte die Vorgänge.

Sofern es zu einer gütlichen Einigung zwischen den Banken und ihren Kunden gekommen ist, hätten die Institute häufig die Papiere eingezogen und könnten sie nun ihrerseits einlösen. Anders sehe es bei den von der Citibank entschädigten Anlegern aus. Sofern ihre Zahlungen weit über der durchschnittlichen Erstattungsquote von 50 Prozent liegen, könnten sie mit den Zahlungen aus der Insolvenzmasse sogar noch ein kleines Plus machen. „Da gibt es aber nur ganz wenige Fälle“, ist sich der Verbraucherschützer sicher, der den Kompromiss mit der Citibank selbst ausgehandelt hatte.

Weitaus häufiger dürften die Ansprüche verfallen, weil die Menschen mit der verpatzten Anlage abgeschlossen hätten oder sogar verstorben seien. „Die Banken sind nicht auf die Menschen zugegangen. Nur wer sich gewehrt hat, hatte die Chance auf Erstattung.“

Die Prozessaussichten der immer noch zahlreichen Lehman-Kläger beurteilte Schuldzinski zurückhaltend. „Der Bundesgerichtshof wie auch die Oberlandesgerichte urteilen meist zu Gunsten der Banken.“ Nur wer schwere Beratungsfehler nachweisen kann, habe Aussicht auf Erfolg. Der Experte warnte davor, jetzt noch erstmalige Klagen anzustrengen. Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre ab Kauf der Papiere. Wenn diese nicht zum Beispiel durch das Anrufen der Ombudsstelle gehemmt worden sei, sei es nun definitiv zu spät. Lehman war im September 2008 zusammengebrochen und hatte weltweit eine Krise zunächst der Finanzwelt und anschließend auch der übrigen Wirtschaft ausgelöst.