EZB warnt vor Umschuldung Griechenlands
Frankfurt/Main (dpa) - Mit scharfen Worten warnt die Europäische Zentralbank den Euro-Krisengipfel vor einer Umschuldung in Griechenland. „Eine Umschuldung wäre ein Desaster - ganz gleich ob sanft oder hart“, sagte Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi der „Welt“ (Donnerstag).
Nach seiner Prognose würde das gesamte griechische Bankensystem kollabieren, es käme womöglich zu einem humanitären Drama und damit verbundenen sozialen Unruhen, die dann neue Hilfsgelder nach sich ziehen würden. „Jede Form der Umschuldung wäre für den Steuerzahler deshalb weitaus teurer, als den Griechen ein weiteres Hilfsprogramm unter Auflagen zu gewähren“, sagte der italienische Notenbanker.
Die EZB ist wegen ihres Ankaufsprogramms von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder selbst einer der größten Gläubiger Athens geworden. Würden Griechenland seine Milliardenschulden auch nur zum Teil erlassen, träfe das auch die EZB - und in der Folge die nationalen Notenbanken und letztlich die Steuerzahler.
Bini Smaghi riet den europäischen Staats- und Regierungschefs, den Krisengipfel für institutionelle Reformen zu nutzen: „Da die europäischen Mechanismen bislang nicht ausreichend funktioniert haben, müssen sie verbessert werden.“
EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark verlangte von der Politik erneut die Vermeidung eines teilweisen Kreditausfalls (Selective Default) Griechenlands. „Unser Plan ist, dass die Regierungen sich an das halten, was sie beschlossen haben. Am 23./24. Juni - das ist noch nicht lange her - haben sie beschlossen, einen Selective Default zu vermeiden“, sagte Stark der „Börsen-Zeitung“ (Donnerstag).
„Wenn nun debattiert wird, diesen Beschluss zurückzunehmen, dann zeigt das die Halbwertszeit politischer Aussagen. Das ist politisches Jo-Jo“, klagte Stark. Die Regierungschefs werden an diesem Donnerstag bei ihrem Sondergipfel in Brüssel über das zweite Hilfspaket für Griechenland beraten.
Die unklare Haltung der Politik sei auch verantwortlich für die Unsicherheiten an den Märkten: „Ich erwarte, dass die Staats- und Regierungschefs sich an das halten, was sie vor noch nicht einmal vier Wochen beschlossen haben“, sagte er. Stark erneuerte die Zweifel der EZB an der Sinnhaftigkeit einer Beteiligung privater Gläubiger an einem neuen Hilfspaket für Griechenland.
Bini Smaghi fordert die Regierungschefs dazu auf, den Europäischen Rettungsfonds (EFSF) mehr Flexibilität zu geben. So müsse der Fonds schneller Hilfsprogramme verabschieden können. Der EFSF sollte nach seiner Auffassung auch die Möglichkeit haben, mit den Mitteln die in den Rettungsprogrammen ohnehin vorgesehen sind, Staatsanleihen von den betroffenen Ländern wie Griechenland, Irland und Portugal aufkaufen zu können. „Wenn Staatsanleihen wie jetzt im Fall Griechenland bei 50 Prozent des Nominalwerts gehandelt werden, führt der Aufkauf am Markt automatisch zu einer Beteiligung des Privatsektors. Zudem lässt sich so die Schuldenlast des Landes verringern.“