Finanzaufsicht Bafin macht Druck in Zinsaffäre
Bonn/Frankfurt (dpa) - Die Finanzaufsicht Bafin macht in der Affäre um manipulierte Zinssätze Druck. Die Behörde vermute auch Unregelmäßigkeiten beim europäischen Pendant des Referenzzinses Libor, dem Euribor, schreibt die „Süddeutschen Zeitung“ (SZ/Montag).
Gegen vier Institute seien daher Sonderprüfungen eingeleitet worden, darunter die Deutsche Bank und die WestLB-Nachfolgerin Portigon. Ein Sprecher der Bafin erklärte am Montag: „Wir haben schon im vergangenen Sommer gesagt, dass wir uns auch das Thema Euribor anschauen.“ Zu einzelnen Instituten äußert sich die Behörde nicht.
Nach „SZ“-Informationen schickte die Behörde zu zwei weiteren Banken aus dem Euribor-Panel ihre Prüfer, weil der Rücklauf aus einer schriftlichen Anfrage unbefriedigend gewesen sei. Zu den Banken, die die Bafin in Sachen Euribor („Euro Interbank Offered Rate“) in Augenschein genommen hat, gehören demnach außer Deutscher Bank und WestLB/Portigon die Landesbank Berlin, die BayernLB, die Commerzbank, die DZ Bank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und die NordLB.
Bei Portigon sei auch eine Untersuchung zu möglichen Manipulationen des Zinssatzes Libor eingeleitet worden, bei der Deutschen Bank läuft die Libor-Prüfung bereits seit Sommer 2012. Mit Ergebnissen wird nicht vor Ende März dieses Jahres gerechnet. Der Branchenprimus hatte stets darauf hingewiesen, dass es bei den laufenden Prüfungen nicht nur um einen Zinssatz, den Libor, sondern um Interbankenzinssätze generell geht. Den „SZ“-Bericht wollte ein Sprecher des Dax-Konzerns am Montag nicht kommentieren.
Die „London Interbank Offered Rate“ (Libor) gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Der Zins dient als Maßstab für Geldgeschäfte in Billionenhöhe. An der Berechnung des Zinssatzes sind die britischen Banken und eine Reihe der weltweit größten internationalen Banken beteiligt.
Für illegale Manipulationen des Referenzzinssatz zahlte die Schweizer Großbank UBS im Dezember fast 1,2 Milliarden Euro Buße. Bei der britischen Großbank Barclays kostete der Skandal Vorstandschef Bob Diamond den Job. Dass auch bei der Deutschen Bank einzelne Mitarbeiter in den Jahren 2006/07 an den Tricksereien beteiligt waren, daran gibt es nach Angaben der Bank keine Zweifel. Die Deutsche Bank schließt nach internen Untersuchungen aber aus, dass das höhere Management an Libor-Manipulationen beteiligt war.
Die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Elke König, stellte in der vergangenen Woche fest, es habe sich gezeigt, dass das System, das „nur auf Schätzungen von Marktteilnehmern“ beruhe, „anfällig für Manipulationen“ sei. Man müsse sich „aus aufsichtsrechtlicher Sicht die Frage stellen, ob die Ermittlung von Sätzen wie Libor und Euribor überhaupt nachhaltig reformiert werden“ könne, sagte König: „Meines Erachtens müssen wir nicht nur an der Generalüberholung, sondern auch am Ersatz des Systems arbeiten.“