Finanzinstitute stoßen griechische Anleihen ab

Berlin (dpa) - Private Geschäftsbanken und Versicherungen in Deutschland haben sich Medienberichten zufolge in erheblich größerem Ausmaß als bisher bekannt von griechischen Staatsanleihen getrennt.

Demnach halten die deutschen Versicherer nur noch 2,8 Milliarden Euro (Ende März) verglichen mit 5,8 Milliarden Euro vor einem Jahr. „Die Welt“ (Donnerstag) beruft sich auf ein internes Papier des Finanzausschusses des Bundestages. Deutsche Banken haben sich seit Anfang Mai 2010 von einem Drittel ihrer Griechenland-Anleihen getrennt, wie die „Financial Times Deutschland“ (FTD/Donnerstag) berichtete.

Die Unsicherheit der Investoren an den Finanzmärkten ist angesichts der drohenden Pleite Griechenlands weiter groß. Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen steigen unaufhaltsam. EU, EZB und IWF bescheinigten dem hoch verschuldeten Land in ihrem Prüfbericht, dass das laufende Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro nicht ausreicht. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den nochmaligen Bedarf für 2012 bis 2014 auf rund 90 Milliarden Euro veranschlagt.

Schäuble hatte vorgeschlagen, Griechenland mit einem längeren Zahlungsaufschub und neuen Finanzspritzen Luft für die Sanierung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen zu verschaffen. Er will die sich sträubende Europäische Zentralbank (EZB), die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) für eine „sanfte“ Umschuldung unter Einbindung privater Gläubiger gewinnen. Dies könne am besten über einen Umtausch von Anleihen erreicht werden, der zu einer Verlängerung ausstehender Forderungen um sieben Jahre führen sollte.

Beim Umschuldungsvorstoß Schäubles seien noch viele Fragen ungeklärt, beklagen Ökonomen. Thorsten Polleit, Chefökonom von Barclays Capital, sagte der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX: „Schäuble hat mit seinem Vorstoß zwar die politische Richtung vorgeben, wichtige Detailfragen sind aber noch unbeantwortet.“ Darüber hinaus stehe Deutschland in Europa noch nahezu alleine mit seiner Forderung einer Beteiligung privater Investoren. „Insbesondere ist es zurzeit noch vollkommen unklar, wie eine Laufzeitverlängerung griechischer Staatsanleihen überhaupt umgesetzt werden soll“, sagte Polleit.

Wie schwer ein Beitrag der Banken noch ins Gewicht fällt, ist angesichts der reduzierten Griechenland-Engagements fraglich. Schließlich sind die EZB, der IWF und staatliche Banken die gewichtigsten Gläubiger Griechenlands.

Deutsche Banken haben der „FTD“ zufolge massiv Griechenland-Anleihen abgestoßen. Dies gehe aus den Bundesbank-Zahlen zu den Auslandsforderungen der Institute gegenüber dem griechischen Staat hervor. Demnach hielten die Banken im Januar und Februar 2011 noch Anleihen Athens über 10,3 Milliarden Euro - Ende April 2010 seien es noch 16 Milliarden Euro gewesen.

Nach aktuellen Zahlen von Ende Februar, die aus Bundesbank-Tabellen zu entnehmen sind, liegen die Engagements deutscher Banken in griechischen Staatsanleihen zwar bei 18,04 Milliarden Euro. Darin sind der „FTD“ zufolge aber knapp acht Milliarden Euro an vom Bund garantierten Forderungen der staatlichen Förderbank KfW enthalten.

Nicht nur die deutschen Geldhäuser, auch die Institute in anderen Ländern, speziell in Frankreich, haben ihre griechischen Engagements erheblich verringert. Allerdings hatten die deutschen Banken und Versicherer Finanzminister Schäuble im Frühjahr 2010 zugesichert, bestehende Kreditlinien gegenüber Griechenland und griechischen Banken aufrechtzuerhalten und sich dort nicht aus dem Anleihegeschäft zurückzuziehen. Dies sollte ein Beitrag zum ersten Rettungspaket für Griechenland sein.

Zu berücksichtigen ist bei den deutschen Versicherungskonzernen zum einen, dass griechische Anleihen gemessen an den gesamten Kapitalanlagen nur 0,22 Prozent ausmachen. Eine Laufzeitverlängerung oder gar eine härtere Umschuldung (Haircut) könnten die Versicherer daher verschmerzen, schreibt die „Welt“. Zum anderen: 2010 wurden noch Investitionen in Publikumsfonds einbezogen, die 2011 herausgerechnet worden waren, was den Vergleich erschwert. Allerdings machten Publikumsfonds nur ein Prozent des Anlagevolumens der Assekuranz aus. Die Erhebung stammt den Angaben zufolge von der Finanzaufsicht Bafin. Diese habe dabei 181 unter deutscher Aufsicht stehende Unternehmen einbezogen, die gemeinsam weit über 80 Prozent des Marktes abdecken.